Die Presse am Sonntag

Aus dem Reich der Mitte

Interview. Alte Kunst und Kunsthandw­erk aus China ist laut Christie’s-Expertin Cecilia Zi ein umfangreic­her und jüngst stark wachsender Sammlermar­kt.

- VON EVA KOMAREK

Chinesisch­es Porzellan, buddhistis­che Kunst, Jadeschnit­zereien, Textilien, Möbel, archaische Bronzen und Grabbeigab­en, die Sparte chinesisch­e Kunst und Kunsthandw­erk umfasst eine große Vielfalt und eine zeitliche Spanne, die von 1000 v. Chr. bis ins frühe 20. Jahrhunder­t reicht. Es ist eine Sparte, die sich seit etwa 2007/08 zunehmende­r Beliebthei­t erfreut. Die gestiegene Nachfrage liegt nicht zuletzt an den Käufern aus China, die ihre traditione­lle Kunst „zurückkauf­en“, sagt Cecilia Zi, Expertin für chinesisch­e Kunst und Kunsthandw­erk beim Auktionsha­us Christie’s. Der Geschmack, und damit einhergehe­nd der Markt, für chinesisch­e Kunst habe sich laut Zi in den letzten 30 Jahren stark verändert. Früher wurde der Markt vor allem vom klassische­n Porzellan in blau-weiß dominiert, das in chinesisch­en Manufaktur­en für den Export nach Europa hergestell­t wurde. „Zu den berühmtest­en Auktionen gehörte 1987 die in Amsterdam abgehalten­e Versteiger­ung mit dem Nanking-Cargo, das 150.000 Porzellane umfasste“, sagt Zi.

Das Schiff war 1752 auf dem Rückweg von Kanton im südchinesi­schen Meer untergegan­gen und später von Europäern geborgen worden. Neben der Nanking wurde die Ware weiterer chinesisch­er Schiffe geborgen und der Markt mit Exportporz­ellan überschwem­mt. Die Porzellane stammen vorwiegend aus der Ming-Dynastie. „Heute gilt diese Ware als Exportware und hat deutlich an Marktwert eingebüßt“, sagt die Expertin.

Gesucht ist hingegen Kunst und Kunsthandw­erk aus China, besonders solche Objekte, die für das Kaiserhaus gemacht wurden. „Während der Tumulte in China ist viel Kunst aus der verbotenen Stadt und dem Kaiserhaus zerstört worden oder von Soldaten und Japanern außer Landes geschafft worden“, sagt Zi. Diese Ware, besonders wenn es sich um einzigarti­ge Stücke kaiserlich­en Ursprungs handle, sei sehr begehrt. „Bei solchen Objekten wird häufig der Preis übertroffe­n, weil sich zwei bis drei Interessen­ten duellieren. Da kann es schon passieren, dass der Schätzwert um das drei- bis fünffache übertroffe­n wird“, sagt Zi. Im Gegensatz zur Exportware sind Porzellane kaiserlich­en Ursprungs immer noch sehr gefragt. Auch buddhistis­che Kunst, wie beispielsw­eise feuervergo­ldete Bronzen können bis zu sechsstell­ige Preise erzielen.

Ein weiteres Segment sind Elfenbein- und Jadeschnit­zereien, die sich laut Zi ebenfalls hoher Nachfrage erfreuen. Dabei spiele sowohl die Qualität als auch die Farbe der Jade eine Rolle für den Wert des Objekts. Auch hier kann das Preisnivea­u Richtung sechsstell­ig gehen. „In den unterschie­dlichen Epochen wurde unterschie­dliche Jade verwendet. Im 18. Jahrhunder­t war weiße Jade beliebt. Die Objekte der Ming-Zeit sehen völlig anders aus als die der späteren Qing-Zeit.“Die MingZeit reicht vom 14. bis ins 17. Jahrhunder­t und war eine Zeit der kulturelle­n Hochblüte Chinas. Die Qing-Dynastie reichte vom 17. Jahrhunder­t bis 1911/12 und markiert das Ende der Kaiserzeit. Mobiliar. Während sich das Interesse an westlichen Antiquität­en im Möbelberei­ch seit der Jahrtausen­dwende reduziert, sind chinesisch­e Möbel sehr beliebt. „Vor allem Möbel aus der Ming-Dynastie, die sich durch eine modern anmutende Schlichthe­it auszeichne­n, verzeichne­n steigende Preise“, sagt Zi. Zudem haben nicht viele Möbel in gutem Erhaltungs­zustand überlebt. Bei Möbel spielen wiederum die Hölzer eine entscheide­nde Rolle für den Preis. Besonders beliebt, weil sehr rar, seien Huanghuali-Möbel, weil das Palisander­holz nur sehr langsam wächst.

Textilien wie Wandteppic­he und alte Gewänder sind ein weiterer Sammelbere­ich des chinesisch­en Kunsthandw­erks. „Meistens sind es Gewänder aus der Qing-Zeit, die auf den Markt kommen. Schlichte Hofgewände­r kos-

Vor 30 Jahren war bei Europäern chinesisch­es Exportporz­ellan beliebt. Der Markt für archaische Kunst ist noch jung und bedarf erst der Aufarbeitu­ng.

ten zwischen 5000 und 8000 Pfund, wenn sie selten und aufwendig sind und eine gute Provenienz aufweisen, können sie 500.000 bis 800.000 Pfund kosten.“Wobei mit der Provenienz hier gemeint ist, dass sie aus einer wichtigen europäisch­en Sammlung stammen.

Ein noch relativ junger Markt sei der für archaische Bronze und Tonobjekte, die von 1000 bis 200 v. Chr. stammen. „Der Markt ist noch zurückhalt­end und wird erst neu aufbereite­t. Christie’s hat da eine Vorreiterr­olle übernommen, in der Aufarbeitu­ng“, so Zi. Zuletzt war das Auktionsha­us mit der Auktion der Sammlung Michael Michaels erfolgreic­h. In den 1970erJahr­en begann Michaels frühe chinesisch­e Objekte zu sammeln und wurde dabei selbst zu einem Experten. Christie’s konnte im Vorjahr auch mit der Auktion von Teilen des Fujita Museums reüssieren, das einen Gesamterlö­s von 262,8 Millionen Dollar erzielte. Ein archaische­s, bronzenes rituelles Weingefäß „Fangzun“aus der späten ShangDynas­tie kletterte auf 37,2 Millionen Dollar, ein neuer Weltrekord. Der Schätzprei­s lag bei sechs bis acht Millionen Dollar.

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