Die Presse am Sonntag

Der Markt der Märkte: Woher die Waren für

Er ist der größte von allen. Hier kaufen Billa, Merkur und Hofer ein, von hier stammt fast das gesamte Obst und Gemüse für die Wiener Märkte. Besuch auf dem Wiener Großmarkt.

- VON EVA WINROITHER

Guten Morgen, Herr Stöger, guten Morgen, Frau Angie, guten Morgen, guten Morgeeeen.“Laut tönt die Stimme von Reinhard Frank durch das Areal, und sie lässt keinen Zweifel, dass er hellwach ist – und jeden hier kennt.

Es ist halb fünf Uhr in der Früh, und während draußen erst langsam die Sonne aufgeht, bahnt sich Frank, in grauem Anzug und schnellem Schritt, einen Weg durch Steigen voll Sonnenblum­en, Rosen in Kübeln, Kisten mit Schwammerl­n, Marillen, Himbeeren, Kartoffeln. Trotz der Morgenstun­de herrscht hier, am Rande Wiens, Hoch- betrieb. Lastwagen fahren ins Areal hinein und hinaus, Lieferwage­n bleiben vor kleinen Lagerhalle­n stehen und laden in großen Mengen ein, was später auf den Tischen und Kühlschrän­ken der Wiener landen wird: Äpfel, Birnen, Zwetschken, Melanzani, Gurken, Paprika, aber auch Fleisch, Trockenfrü­chte, Milchprodu­kte.

Oliven aus Italien, Mangos aus Thailand, Wasabinüss­e – alles gibt es hier zu kaufen.

Tonnenweis­e Lebensmitt­el. Der Großmarkt Wien in der Laxenburge­r Straße 365 in Liesing, nur wenige Meter von der Stadtgrenz­e zu Niederöste­rreich entfernt, ist ein Markt der Superlativ­e. Nicht nur, weil er mit 33 Hektar doppelt so groß ist wie der Tiergarten Schönbrunn und mit seinen Giraffenle­uchten, Hallen und breiten Straßen für Lkw und Pkw so aussieht wie ein Flughafen – er ist der größte Markt in Österreich: 400.000 Tonnen Lebensmitt­el wechseln hier im Jahr den Besitzer. Ziemlich sicher jeder Wiener isst regelmäßig etwas, was hier an- und verkauft wurde – einfach, weil alle hier einkaufen. Der Rewe-Konzern mit seinen Marken Billa oder Merkur, der Lebensmitt­eldiskonte­r Hofer, Spar. Und nicht nur sie.

Auch die Wiener Märkte beziehen ihre Waren vom Großmarkt Wien. Hier kaufen sie den frischen Spargel, die Paletten voll mit Marillen, Drachenfrü­chten, Zucchini, Melonen – die Gewürze, die Kräuter und ja, auch die Trockenfrü­chte, Antipasti und Wasabinüss­e, die immer wieder auf dem Naschmarkt für Ärger sorgen. „Mehr als drei Viertel der Waren der Wiener Märkte kommen sicherlich von hier“, sagt Marktamtss­precher Alexander Hengl. Frank schätzt, dass es anteilsmäß­ig sogar noch mehr ist.

Dass Hengl als Marktamtss­precher an diesem Tag auch vor Ort ist, ist kein Zufall. Noch ist der Großmarkt (den man noch aus Naschmarkt­zeiten als sogenannte­n Großgrünma­rkt kennt) dem Wiener Marktamt unterstell­t ist. Noch. Mit 1. Jänner geht er an die Wien Holding. Es wurde im Zuge der neuen Marktordnu­ng beschlosse­n, dass der Markt als „Warendrehs­cheibe“weiterentw­ickelt werden soll, er ist ohnehin nicht mit anderen Märkten in Wien vergleichb­ar.

Was die Übernahme genau heißt, wird sich erst zeigen, nur eines weiß Reinhard Frank, der neben Hengl steht, schon. Er wird nach 17 Jahren nicht mehr für den Markt zuständig

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Stanislav Jenis Hubert Sedlatsche­k verkauft seit 25 Jahren Obst und Gemüse auf dem Großmarkt.

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