Tage des Donners und Dröhnens
Vor 50 Jahren wurde die Timmelsjoch-Bergstraße fertiggestellt. Die Motorisierten eroberten das Hochalpine aber schon früher – bei einem Bergrennen mit prominenter Besetzung.
Mitte der Sechzigerjahre war man schon recht verzweifelt am Timmelsjoch: Da gab es einen hohen und schönen Pass in den Alpen, der zwei Länder, Italien und Österreich, miteinander hätte verbinden können. Stattdessen trennte er sie. Seit dem Friedensvertrag von 1919 war hier auf der Höhe von 2474 Metern ein Pass ohne offiziellen Grenzverkehr, eine Sackgasse. Während anderswo die Urlauber in kilometerlangen Kolonnen dem sonnigen Süden entgegenkrochen, ging hier, zwischen Tiroler Ötztal und Südtiroler Passeiertal, gar nichts.
Es gab schon Straßen, eine auf der einen Seite des Gebirges, die andere auf der anderen, doch wie bei einem Tunnel, der von ungeschickten Ingenieuren geplant worden war, fanden sie nicht zueinander. Dabei hatte schon Benito Mussolini hier eine Passstraße verlangt, aus militärstrategischen Überlegungen, als Alternative zum Brenner. Vergeblich, vor dem Zweiten Weltkrieg gab es oben am Joch kaum mehr als einen Maultierpfad.
Wie in den alten Zeiten, in denen dieser einzige im Sommer eisfreie Übergang über den Alpenhauptkamm zwischen Brenner- und Reschenpass schon benutzt wurde. Zu Fuß war der Pass immer rege begangen worden. Schon die Kaufmannsfamilien der Fugger und Welser benutzten ihn, um ihre Waren darüber tragen zu lassen.
Mussolini hatte einen Teilabschnitt durchgesetzt, eine Militärstraße vom Passeiertal herauf, die zwei Kilometer vor dem Joch endete. In den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs kehrten hier viele Soldaten der deutschen Wehrmacht aus Italien zurück in das Ötztal. Und Österreich ließ nicht locker: Man baute im Herbst 1955 eine Straße, schon mit der Absicht, eine Nord-Süd-Verbindung zu schaffen, auf der man „morgens auf den Gletschern des Ötztals Skifahren und sich am Nachmittag im Schatten der Palmen von Meran entspannen kann.“
Besonders der legendäre Eduard Wallnöfer, damals noch nicht Landeshauptmann, sondern Landesrat und Oben: Ferrari 250 GTO des Gunther Philipp. U. li.: Szenenbild des Bergrennens. Rechts: Jochen Rindt im Alfa. selbst gebürtiger Südtiroler, machte Druck. In Rekordbauzeit von 17 Monaten wurde die Straße von Obergurgl zum Pass fertiggestellt. Man setzte nun die Italiener unter Druck, sie bauten ihren Abschnitt in den Sechzigern fertig, neun Jahre nach den Österreichern. Endlich. Das Donnern der Sprengungen muss wie Musik in den Ohren der Österreicher geklungen haben.
Am 15. September 1968 konnte die Straßenverbindung endlich in beide Richtungen offiziell freigegeben werden. „Passo del Rombo“, der Pass des Dröhnens, des Donners hieß er in Italien. Die Deutschen konnten es gar nicht glauben, jetzt eine so gute Verbindung von Bayern nach Meran zu haben, einen „neuen Weg in den Süden, der vor allem von gemächlicheren Autoreisenden mit Sinn und Blick für eine großartige Berglandschaft bevorzugt würde“, schrieb „Die Zeit“.
Schon Mussolini hatte eine Passstraße verlangt, aus militärischen Überlegungen.