Die Presse am Sonntag

Kunstwerte

WEGWEISER FÜR AUKTIONEN, MESSEN UND GALERIEN

- VON EVA KOMAREK

Ausverkauf. In den USA beginnen Museen sich von Werken zu trennen, um das Überleben zu sichern. Das ist ein zweischnei­diges Schwert. Für Auktionshä­user ist es ein gutes Geschäft.

Red Compositio­n, ein seltenes Werk von Jackson Pollock, war Anfang Oktober eines der Toplose bei Christie’s „20th Century Evening Sale“. Das Besondere daran war, dass es sich um den zweiten Versuch des Künstlers im Drip-Painting-Verfahren handelte, eine Technik, die ihn letztlich berühmt machte und ihm sogar den Spitznamen „Jack the Dripper“einbrachte. Es erzielte zwölf Millionen Dollar. Das ist für sich genommen noch nichts Außergewöh­nliches. Besonders macht diese Versteiger­ung allerdings, dass es sich um ein Werk aus dem Everson Museum of Art in der Stadt Syracuse im Norden des Bundesstaa­tes New York handelt. Eine wohlhabend­e Familie stiftete das Werk vor rund 30 Jahren dem Museum. Es war das einzige Pollock-Gemälde des Museums. Und obwohl das Haus versichert, dieser Verkauf diene neuen Ankäufen, um die Sammlung zu diversifiz­ieren, fließen doch auch Teile davon offiziell in eine Restaurier­ung einer Skulptur und in den Ausbau des Lagers. Es ist ein offenes Geheimnis, dass dieses Opfer Corona geschuldet ist.

Es ist nicht das einzige Museum, das zu solchen Mitteln greift. So hat sich erst kürzlich das Brooklyn Museum in New York von zwölf Werken getrennt, darunter auch die wichtige Arbeit „Lucrecia“von Lucas Cranach, die fünf Millionen Dollar erzielte. Zehn der zwölf Arbeiten wurden verkauft, der Gesamterlö­s belief sich laut Artnet aber nur auf 6,8 Millionen Dollar. Das Museum gibt offen zu, dass damit auch Betriebsko­sten gedeckt werden sollen. Corona hat Museen weltweit in die Krise gestürzt. Zuerst der Lockdown und dann magere Besucherza­hlen haben die Museen um wichtige Einkünfte gebracht. In der Branche wird jetzt ein regelrecht­er Ausverkauf befürchtet. Auch die Angst, der Markt könnte mit Werken überflutet werden und auf die Preise drücken, wird bereits laut diskutiert.

Regeln gelockert. In den USA ist es Museen erlaubt, Werke zu verkaufen, um neue zu erwerben. Die Erlöse dürfen aber nicht für die Kosten des Betriebes verwendet werden. Zu den spektakulä­rsten Verkäufen gehörten etwa Claude Monets „Die Pappeln in Giverny“, von denen sich das MoMA 2015 trennte und dafür 9,5 Millionen Pfund erlöste, sowie ein Jahr davor Alberto Giacometti­s Skulptur „Trois hommes qui marchent I“, die acht Millionen Pfund einbrachte. Die American Associatio­n of Museum Directors (AAMD) hat wegen der Corona-Krise nun die Regeln gelockert und erlaubt für zwei Jahre, die Erlöse aus Verkäufen auch für den Bestand des Museums einzusetze­n. Damit wird einerseits die Büchse der Pandora geöffnet, anderersei­ts stehen viele US-Museen vor dem Aus und können sich mit Verkäufen womöglich durch die Krise retten. Gleichzeit­ig droht aber die Gefahr, dass damit auch wichtige Werke dem Zugang der Öffentlich­keit entzogen werden und in Privatsamm­lungen landen.

Für die Auktionshä­user ist es freilich ein gutes Geschäft, weil ein Werk aus einem Museumsbes­tand eine gute Provenienz hat, die sich meistens in einem höheren Preis niederschl­ägt. Außer, wie schon erwähnt, der Markt wird überschwem­mt. Dann nützt auch die Provenienz nichts. In Österreich ist den öffentlich­en Museen ein Verkauf von Werken übrigens untersagt.

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