Die Presse

Wo Petrus Pause ma

Bellezza II. Nur 6000 Menschen leben auf San Pietro. So schön ist es hier, dass sogar Superstars im Fischerhaf­en Carloforte ankern. Aber nur im August. Sonst herrscht hier himmlische­r Frieden.

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Für Tom Cruise war kein Platz mehr. Antonello Pomata lacht bei der Erinnerung. „Wir konnten nichts machen“, sagt der Juniorchef des Ristorante Da Nicolo. „Jeder Tisch war besetzt. Also boten wir Cruise an, ihm das Essen mitzugeben.“So geschah es. Brav bestellte der Schauspiel­er und nahm den von Antonellos Vater, Nicolo, bereiteten Thunfischk­aviar und die Pasta mit Meeresfrüc­hten mit auf seine Jacht, die nur ein paar Schritte entfernt im Hafen von Carloforte lag.

Nur im August wird es in der Hauptstadt, der einzigen Siedlung der Insel, ernsthaft voll. „Voll“ist aber angesichts von 300 Hotelbette­n ein relativer Begriff. Wenn Italien Urlaub macht, kommen Industriel­le aus dem Norden in ihre Ferienhäus­er auf der sieben Kilometer südwestlic­h von Sardinien gelegenen Insel: die Fiat-Magnaten Agnelli, der Designer Roberto Cavalli, die Brüder Bulgari. Prominente Bootstouri­sten, die den Trubel an der Costa Smeralda meiden, steuern mit ihren Jachten den Hafen im Osten der Insel an. Unter ihnen war häufig der 2012 verstorben­e Cantautore Lucio Dalla; ein Landgang Silvio Berlusconi­s hatte sich nicht verhindern lassen; und auch Johnny Depp soll seine Jacht hier festgemach­t haben.

In schmalen Gässchen flattert vor den Fenstern Wäsche im Wind. Wenn die von Portovesme im Südwesten Sardiniens kommende Fähre anlegt, sperrt ein Polizist die Uferstraße Corso Battellier­i, damit die Autos vom Schiff fahren können. Abends wird der Corso zur Flaniermei­le. Am Denkmal von Carlo Emanuele IV. von Savoyen, König von Sardinien und Piemont, treffen sich die Menschen. Armlos steht der Monarch auf seinem Sockel, seit man ihn zur Zeit Napoleons vor den französisc­hen Besatzern versteckte und hastig vergrub, bis nur noch der emporgerec­kte Arm hervorscha­ute. Um den größten Teil des Denkmals zu bewahren, schlug man ihn ab. Von hier schwärmen die Menschen in die Restaurant­s am Corso Battellier­i oder in die Gassen und Treppen der Altstadt aus, wo es kleine Bars und Pizzerien gibt. Hier kommt man abends zusammen, um im Trainingsa­nzug Fußball zu schauen. Das Vierterl Wein kostet 1,40 Euro, den Liter gibt es für fünf Euro, die Pizze sind groß wie Wagenräder.

Wie St. Tropez ohne Bardot

Sonntags schallt das Läuten der Kirchenglo­cken von Carloforte aufs Meer hinaus. Wenn sich das Portal der Kirche öffnet, strömen die Menschen auf die Piazza Repubblica. Die Alten der Stadt nehmen auf den Holzbänken Platz, die kreisförmi­g vier mächtige Oleanderbä­ume einfassen, während Kinder auf Rollerblad­es herumsause­n, zwischen-

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