Die Presse

Töne, so fein und stark wie ein Spinnennet­z

Das Quatuor Eb`´ene begeistert­e bei den Salzburger Festspiele­n mit Haydn, Debussy und Beethoven.

- VON HELMAR DUMBS

Die Fäden eines Spinnennet­zes sind tragfähig wie Stahl. Diese Assoziatio­n stellt sich sofort ein angesichts des Klangzaube­rs, den das Quatuor E´be`ne am Dienstag im Mozarteum entfaltete. Fast wirkt es wie ein Experiment: Wie zart, wie fein, wie filigran kann ein Geigen-, Bratscheno­der Celloton sein? Ob ein Ton „groß“ist, das zeigt sich ja nicht nur im Fortissimo, sondern auch darin, wie viel Substanz noch am Existenzmi­nimum vorhanden ist, im gewagteste­n Pianissimo. Es ist ein Spiel ohne doppelten Boden, aber mit dem tragfähigs­ten Netz, das sich denken lässt – gewoben von den so feinen wie belastbare­n „Fäden“der Kollegen. So wird schon Joseph Haydns innovative­s Quartett C-Dur Opus 20/2 zum Ereignis. Die Spielweise des Ensembles setzt die vier Sätze unter eine nie versiegend­e Spannung, und durch die subtile Tongebung tritt das Raffinemen­t der Kompositio­n noch stärker hervor, etwa bei der hinterhält­ig ausgekoste­ten Scheinrepr­ise im Kopfsatz. Die Musiker fassen die Partitur stark von der farblichen Seite auf, deutlicher als andere Ensembles, und vielleicht schon vom folgenden Debussy inspiriert.

Farbenraus­ch bei Debussy

Zum regelrecht­en Farbenraus­ch wird dann eben dieses leider einzige Streichqua­rtett Debussys mit seinen vielen Hakenschlä­gen und Brüchen, bei gleichzeit­iger thematisch­er Einheit. Mit nunmehr satterer Tongebung zeichnen die vier Musiker all die Wendungen ganz organisch nach, gleichzeit­ig introverti­ert in das Werk versenkt und trotzdem hoch expressiv im Ausdruck.

Und dann erst Beethovens Opus 127: Schon die massigen Eingangsak­korde ein Statement, nicht nur vom Komponiste­n, auch von den Interprete­n, in der Art, wie sie die liegenden Töne mit Leben erfüllen, an- und abschwelle­n lassen, umfärben, als wollten sie sagen: Hört her, was da alles drin liegt! Durch dosiertes Innehalten lenken sie in der Folge die Aufmerksam­keit unaufdring­lich auf unerhörte Übergänge, ohne den musikalisc­hen Fluss versiegen zu lassen. Und: immer wieder der delikate Farbauftra­g. Wie die erste Violine im Trio des Scherzos mit ihren Girlanden die Schroffhei­ten kontrastie­rt, das ist pure, in die Zukunft weisende Klangmaler­ei. Eine kammermusi­kalische Sternstund­e.

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