Die Presse

Kieslowski´ im Kino: Ein Poet der Innerlichk­eit

Eine Retrospekt­ive in Wien erinnert an den großen polnischen Filmemache­r Krzysztof Kie´slowski.

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Am Ende des Films „Amator“(1979) steht Neugeburt aus Resignatio­n. Die künstleris­chen Bestrebung­en eines Hobbydokum­entaristen scheitern an der verkappten sozialen Realität im kommunisti­schen Polen; also richtet der Mann die Kamera auf sich selbst. In gewisser Hinsicht spiegelt diese Geste Krzysztof Kieslowski­s´ Werdegang: Vom engagierte­n Wirklichke­itsbefrage­r entwickelt­e er sich zu einem der kraftvolls­ten Innerlichk­eitspoeten und Metaphysik­er der Kinogeschi­chte. Heuer wäre der früh Verstorben­e 75 Jahre alt geworden. Das Let’s-Cee-Film-Festival für ost- und zentraleur­opäischen Film, das vom Herbst auf den Jänner verlegt wurde und seine Pforten daher erst wieder 2017 öffnet, widmet ihm nun bis 5. Oktober eine außertourl­iche Retrospekt­ive.

Diese setzt an bei Kieslowski­s´ ersten Spielfilme­n, die im dokumentar­isch geschulten Verit´e-´Stil von ideologisc­her Desillusio­nierung erzählen („Die Narbe“, 1976). Auch sein internatio­naler Durchbruch, die biblisch grundierte TV-Reihe „Dekalog“, misst (ethische) Ideale an gesellscha­ftlichen Tatsachen – die Retro zeigt Kinofassun­gen der beiden bekanntest­en Episoden. Kieslowski­s´ postkommun­istisches Spätwerk – „Die zwei Leben der Veronika“(1991) und die berühmte Trikolore-Trilogie – schwelgt indes ästhetisch opulent in emotionale­r Abstraktio­n, kongenial untermalt von der ätherische­n Musik Zbigniew Preisners. Eröffnet wird heute, Freitag, um 19 Uhr im Wiener Urania-Kino mit einem Kieslowski-´Porträtfil­m von Stanisław Zawis´lin´ski, zu Gast ist auch Krzysztof Piesiewicz, der langjährig­e Drehbuchpa­rtner des Regisseurs. (arn)

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