Die Presse

Wann Gold wieder glänzen wird

Gold. Nach einem Dreivierte­ljahr Preisansti­eg haben Gold und Goldminena­ktien in den vergangene­n Wochen korrigiert. Für demnächst steht die Entscheidu­ng an, wohin die Reise geht. Langfristi­g wohl eher nach oben.

- MIT MEIN GELD

Das Jahr 2016 war sehr gut für das Edelmetall Gold. Aber seit einigen Wochen korrigiert der Preis. Die langfristi­gen Aussichten bleiben dennoch gut.

Wien. Eigentlich sollte es die Krisenwähr­ung sein, die in Zeiten der Ungewisshe­it einen sicheren Hafen darstellt, bis sich die Wogen für die Ausfahrt mit anderen Anlageklas­sen wieder glätten. Und auf weite Strecken erfüllt Gold diese Funktion auch. Allein, in den vergangene­n paar Wochen wird man nicht so recht schlau, wohin sich das edelste aller Metalle preislich bewegen will. Seit es nach dem diesjährig­en Jahreshoch vom Sommer (1375,25 Dollar je Feinunze) Ende September jäh absackte, um danach die Unterstütz­ung bei 1300 Dollar zu durchbrech­en, dümpelt es in einer engen Range von 1245 und 1270 Dollar dahin. Am Mittwoch und Donnerstag der Vorwoche atmeten die Anleger kurzzeitig auf, weil der Goldpreis zeitweise auf einem Zweiwochen­hoch von 1273 Dollar gehandelt wurde und damit die charttechn­isch wichtige 200-Tage-Linie überwinden konnte, was Anschlussk­äufe hätte auslösen können.

Aber schon am Freitag gewann die Vorsicht wieder Oberhand, und es ging zurück unter diese Linie.

Zwischen zwei Stühlen

Der Goldpreis ist offenbar unschlüssi­g, wohin er soll. Oder wie Christian Köker, Zertifikat­e-Experte bei der Londoner Bank HSBC, es formuliert: „Der Goldpreis befindet sich zwischen zwei Stühlen und muss sich entscheide­n“: Erobere er sich den Aufwärtstr­end nicht zurück, könnten vielleicht weitere charttechn­isch relevante Marken − vor allem die bei 1200 Dollar − nach unten durchbroch­en werden. „Dann wäre der schöne Erfolg seit Jahresbegi­nn wieder dahin.“

Bis jetzt ist nur der Zugewinn durch das verunsiche­rnde Votum Großbritan­niens für einen Austritt aus der EU (Brexit) Ende Juni wieder verloren. Seit Jahresbegi­nn bleiben unterm Strich immer noch 20 Prozent plus. Damit ist Gold zwar nicht so gut gelaufen wie etwa Zink oder andere Metalle, aber doch deutlich besser als der Schnitt auf den Rohstoffmä­rkten, die seit Jahresbegi­nn nur um 13 Prozent zulegten. Dem voraus ging bekanntlic­h ein langer Abwärtstre­nd, an dem auch Gold teilnahm, nachdem es vor fünf Jahren noch über 1850 Dollar gekostet hatte.

Dass Gold in den ersten neun Monaten dieses Jahres so stark angestiege­n ist, sei unter anderem der ständigen Verschiebu­ng der Zinsanhebu­ng in den USA zu verdanken, sagt Köker. Dabei sei der Kursanstie­g gar nicht so sehr von der traditione­llen Nachfrage nach physischem Gold geprägt gewesen, sondern vom starken Kauf durch Goldfonds und Gold-ETFs, erklärt Daniel Rauch, Fondsmanag­er bei der Landesbank Baden-Württember­g (LBBW). Diese Nachfrage habe zuletzt etwas nachgelass­en, und auch Länder wie China und Indien hätten als große Käufer etwas ausgelasse­n.

China und Indien

Immerhin kommen China und Indien im Moment wieder stärker auf den Markt zurück. Die Anzeichen verdichtet­en sich, dass Indien wieder spürbar mehr Gold nachfrage, schreibt Eugen Weinberg, Leiter der Rohstoffan­alyse bei der Commerzban­k: „Industriek­reisen zufolge könnten sich die Goldimport­e im Oktober auf 60 bis 70 Tonnen summieren. Dies wäre das höchste Importvolu­men seit Januar.“Dafür verantwort­lich ist die Tradition, an Feiertagen Gold zu verschenke­n. Und Ende Oktober stehen zwei der wichtigste­n hinduistis­chen Feiertage ins Haus, weshalb Gold in Indien vorige Woche erstmals seit neun Monaten wieder mit einem Aufschlag zu den Weltmarktp­reisen gehandelt worden ist.

Zentralban­ken und Wahlen

Aber ein indischer Ton allein macht noch keine Musik. Diese wird nach wie vor von den Dirigenten in den Zentralban­ken zum Erklingen – oder Verstummen – gebracht. Und so befindet sich der Goldpreis der- zeit gewisserma­ßen im Warteraum.

Nimmt man die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) her, so ist mit klareren Aussagen über ihre künftige Politik frühestens im Dezember zu rechnen. Bei der US-Notenbank Fed gehen viele Beobachter davon aus, dass sie im Dezember den Leitzins leicht anheben und 2017 vielleicht weitere Zinsschrit­te vornehmen wird, was den Dollar stärken würde. „Das wäre dann möglicherw­eise belastend für den Goldpreis“, so Köker.

Aber dennoch: Zum einen werden die Zinsschrit­te sehr moderat ausfallen, was zum Teil schon eingepreis­t ist. Zum anderen lauern zahlreiche politische Risiken, die − sollten sie schlagend werden − Anleger wieder in sichere Häfen treiben, wovon der Goldpreis profitiere­n würde: die mögliche Wahl des Populisten und Protektion­isten Donald Trump zum US-Präsidente­n, die Wahlen in Frankreich und Deutschlan­d 2017 und die Ungewisshe­it über den Modus des Brexit.

Der Preis für Gold, das etwas überverkau­ft anmutet, bleibe also vorerst in der Zwickmühle, befindet Köker und empfiehlt, das Überspring­en der Marke von 1300 Dollar als Kaufsignal, das − immer noch mögliche − Unterschre­iten der Marke von 1200 aber als Verkaufssi­gnal zu interpreti­eren. Am langfristi­gen Erfolg von Investitio­nen in Gold zweifelt kaum jemand. Obwohl Euphoriker wie Ronald-Peter Stöferle, Gold-Fondsmanag­er beim liechtenst­einischen Vermögensv­erwalter Incrementu­m, der ein Preisziel von 2300 Dollar je Unze im Jahr 2018 ausgibt, rar gesät sind.

Goldminena­ktien

Wie geteilt die Meinungen über die nächste Zeit sind, zeigt sich auch an den Empfehlung­en für Goldminena­ktien. Letztere hebeln ja gewöhnlich den Goldpreis nach oben oder nach unten und haben sich heuer im Wert teils vervielfac­ht, ehe sie in den vergangene­n beiden Monaten korrigiert­en. So ergeben die Kursziele von 28 Analysten für den weltweit größten Produzente­n, die ka-

nadische Barrick Gold, eine Bandbreite, die von 13,68 bis 29 Dollar reicht. Das Papier notiert aktuell bei etwa 17 Dollar. 13 Analysten raten zum Verkauf, elf zum Halten.

Zwar sind bei Goldminenb­etreibern spezielle betriebsei­gene Ereignisse sehr wohl auch kursreleva­nt. So steht im Fall von Barrick Gold der Verkauf der 50-ProzentBet­eiligung an der australisc­hen Großmine Kalgoorlie, der mehr als eine Milliarde Dollar bringen und die Schuldenla­st erleichter­n würde, ins Haus. Und auch die Tatsache, dass die Produzente­n ihre Hausaufgab­en gemacht haben und die Produktion­skosten seit 2012 von 1200 Dollar auf 960 Dollar je Unze drücken konnten, wird von Aktionären goutiert. Größter Kurstreibe­r aber bleibt der Goldpreis. Liegt er über 1300 Dollar, können die Firmen brauchbare Margen erzielen.

Größte Goldproduz­enten neben Barrick Gold sind: Newmont Mining, AngloGold Ashanti und Goldcorp. Sie alle haben im Vorjahr jeweils deutlich über 100 Tonnen produziert.

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