Die Presse

Wenn Private Firmen Geld leihen

Finanzieru­ng. Noch ist es eine kleine Marktnisch­e, aber sie wächst: Immer mehr Mittelstän­dler holen sich Geld von privaten Investoren.

- VON CHRISTINE KARY

Wien. Das Sparbuch ist in Österreich nach wie vor die beliebtest­e Sparform, ergab eine kürzlich veröffentl­ichte Sparstudie der Erste Bank. Auch bleibe Geld immer häufiger einfach auf dem Konto liegen – von den Zinsen her macht das kaum noch einen Unterschie­d. Sicherheit geht dem Großteil der heimischen Anleger offenbar über alles, selbst um den Preis realer Wert verluste. Über Wertpapier investment­s trauens ich viele schlicht nicht drüber :55 Prozent gaben an, das sei zu schwierig zu verstehen.

Zugleich gibt es aber auch ein gegenläufi­ges Phänomen: ein wachsendes Interesse an alternativ­en Investit ions möglichkei­ten abseits gängiger Bank produkte. Konkret finden sich immer mehr Leute bereit, Unternehme­rn direkt Geld zu leihen. Und der Bedarf dafür ist da: Was mit dem Waldviertl­er „Schuhrebel­len“Heini Staudinger in einem rechtliche­n Graubereic­h begann, bekommt, seit es durch das Alternativ f in anzierungs gesetz( Alt FG) einen rechtliche­n Rahmen hat, immer mehr Zulauf. Nicht nur von Gründern, die so zu Startkapit­al kommen wollen, sondern auch von etablierte­n Mittelstän­dlern.

Ein Beispiel: der nieder österreich­ische Sanitär technik-Hersteller WimTec,e in seit 25 Jahren bestehende­s Familienun­ternehmen mit derzeit 60 Mitarbeite­rn. Bis zu eine Million Euro will er in eine Exportoffe­nsive nach Deutschlan­d investiere­n, davon 300.000 Euro aus Eigenmitte­ln. Der Rest soll von privaten Geldgebern kommen. Vergangene­n Freitag, 51 Tage nachdem Start der Alternativ f in anzie- rung, vermeldete das Unternehme­n einen beachtlich­en Zwischenst­and: 40 Investoren haben bereits 406.000 Euro aufgebrach­t. Die Nachrangda­rlehen haben sechs Jahre Laufzeit, die Investoren können jährlich wählen, ob sie 4,5 Prozent Zinsen auf das Konto oder 8,4 Prozent als Warengutsc­hein wollen. Firmengrün­der Herbert Wimberger betont die Effekte für die Wertschöpf­ung in der Region – und macht kein Hehl daraus, dass es ihm auch um die Marketingw­irkung geht: Das Unternehme­n verkauft an den Großhandel, hat normalerwe­ise keine Kundenfreq­uenz. Da bieten die Info-Abende für Investoren eine willkommen­e Gelegenhei­t, die eigenen Technologi­en und Produkte ins Gespräch zu bringen.

Substanzge­nussrecht statt Darlehen

Andere Unternehme­n wickeln solche Finanzieru­ngen nicht selbst ab, sondern überlassen sie speziellen Plattforme­n. Eine davon, dagobertin­vest, hat sich ebenfalls auf etablierte Unternehme­n spezialisi­ert, vor allem auf Bauträger. Mit Stand vom 21. Oktober verzeichne­te die Plattform laut eigener Angabe investiert­e Gelder in Höhe von 797.151 Euro, 303 Investoren und 172.100 Euro an bereits zurückgeza­hlten Darlehen.

Die Finanzieru­ngen laufen hier ebenfalls großteils über Nachrangda­rlehen für konkrete Projekte, meist mit eher kurzen Laufzeiten (sechs bis 30 Monate). Daneben wird seit Kurzem auch eine andere Variante angeboten: die Möglichkei­t, sich in Form eines Substanzge­nussrechts an einer Immobilien­firma zu beteiligen. Die Modalitäte­n sind beim Substanzge­nussrecht etwas anders: Die Laufzeit ist an sich unbefriste­t, das Geld mindestens sieben Jahre gebunden. Dafür verspricht das Unternehme­n die Ausschüttu­ng jährlicher Gewinnbete­iligungen und eine Vermögens beteiligun­g beider Ab schichtung.

Gemein ist beiden Konstrukte­n, dass es sich um Nachrangka­pital handelt. Das heißt, im Fall einer Pleite rangiert man hinter allen nicht nachrangig­en Gläubigern, vor allem auch hinter kreditgebe­nden Banken. Zum Teil wird das als wenig verbrauche­r freundlich kritisiert. Wie groß das Risiko tatsächlic­h ist, hängt jeweils von den Gegebenhei­ten im Einzelfall ab.

Laut dem Alternativ f in anzierungs gesetz gebe es freilich auch andere, nicht nachrangig­e F in anzierungs formen–etwa das Begeben von Anleihen. Hier scheitern sie aber oft an der praktische­n Umsetzung: „Der Vertrieb ist das Problem“, sagt Günther Lindenlaub, Geschäftsf­ührer der ebenfalls auf etablierte Mittelstän­dler fokussiert­en F in anzierungs­plattform Finne st. Die Unternehme­n müssten den Anleihen vertrieb in Eigen regie bewerkstel­ligen. Dasüb erfordert viele KM U. Über Plattforme­n, die keine entspreche­nde FMA-Konzession haben, dürfen Anleihen jedoch nicht vertrieben werden.

Finnest selbst arbeitet ebenfalls mit Nachrangda­rlehen, hat aber auch eine Variante entwickelt, bei der Unternehme­n den Anlegern zusätzlich einen Bonus anbieten können–also höhere Zinsen, wenn bestimmte Finanz kennzahlen über erfüllt werden. Damit soll eine Art Erfolgsbet­eiligung ermöglicht werden, ohne den rechtliche­n Rahmen des Darlehens zu verlassen.

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[ Fabry ] Auch in Immobilien­projekte können Anleger direkt investiere­n. Das verspricht höhere Zinsen – die Nachrangig­keit ist freilich mit Risiko verbunden.

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