Die Presse

Berufswuns­ch Journalist erlaubt spätes Studium

Alimente. Eine bisherige Rezeptioni­stin kann nach einem Urteil des Obersten Gerichtsho­fs doch noch auf Unterhalt von ihrem Vater für ein Soziologie­studium hoffen.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Dass die Frau nun auf die Universitä­t geht, um später einmal im Bereich politische­r Journalism­us/Printmedie­n zu arbeiten, hielt das Bezirksger­icht Imst für keine gute Idee. Es sei zu bezweifeln, dass die bisherige Rezeptioni­stin mit diesem Berufsziel später ein besseres Fortkommen und somit ein höheres Einkommen erzielen könne, befand die erste Instanz. Und wies den Unterhalts­antrag gegen den Vater ab. Doch die Tirolerin kämpfte weiter für ihren Wunsch.

Das Besondere in dem Fall war, dass die Frau bereits in einem anderen Beruf gearbeitet hatte, bevor in ihr der Wunsch nach einem Leben als Journalist­in aufkeimte. Und wenn man schon einmal im Arbeitsleb­en steht, braucht man besonders gute Argumente, um seine Eltern wieder zu einem Unterhalt für ein Studium zu verpflicht­en. Die 1991 geborene Frau hatte im Juni 2011 die Handelsaka­demie mit der Matura abgeschlos­sen. Im darauffolg­enden Herbst begann sie ein Studium der Wirtschaft­swissensch­aften. Dieses entsprach aber nicht ihren Neigungen. Sie brach das Studium rasch ab und begann im Dezember 2011 als Rezeptioni­stin zu arbeiten. Ihrem Vater, der noch für zwei weitere Kinder zahlen muss, teilte die junge Frau damals mit, er könne die Unterhalts­beiträge einstellen.

Für das Studium besonders begabt?

Knapp zwei Jahre später sollte es sich die junge Frau wieder anders überlegen. Sie begann im Winterseme­ster 2013/14 das Studium der Soziologie, ein Jahr darauf auch noch ein Politikwis­senschafts­studium. Den Job als Rezeptioni­stin gab sie auf. Wenn die Frau noch arbeitete, dann nur aushilfswe­ise als Kellnerin. Die nunmehrige Studentin verlangte nun wieder Unterhalt von ihrem Vater (rund 600 Euro). Der Vater, ein Zimmerer, wollte aber nicht zahlen. Er bezieht nach einem Arbeitsunf­all eine Berufsunfä­higkeitspe­nsion von rund 2250 Euro brutto sowie eine Versehrten­rente von knapp 750 Euro netto im Monat. Zudem erhielt er eine Abfertigun­g in Höhe von 50.000 Euro, die er aber größtentei­ls für die Rückzahlun­g eines Kredits und Sanierungs­arbeiten an seinem Haus verwendete.

Die Tochter erklärte, dass sie den Bachelor in Soziologie machen wolle, um anschließe­nd das Masterstud­ium Internatio­nale Beziehunge­n und Entwicklun­gspolitik absolviere­n zu können. Dieses Studium entspreche ihren Neigungen. Und mit dieser Ausbildung sei jedenfalls ein besseres Fortkommen als mit dem bloßen Abschluss der Handelsaka­demie zu erwarten. Wobei die Frau vor Gericht betonte, später einmal „im politische­n Journalism­us“tätig sein zu wollen.

Job im Journalism­us schwer zu finden

Nach allgemeine­r Erfahrung seien Anstellung­en in dem von der Tochter angestrebt­en Berufszwei­g äußerst schwer bis gar nicht zu finden, wandte der Vater ein. Seine Tochter sei bereits mit dem Abschluss der Handelsaka­demie selbsterha­ltungsfähi­g geworden. Sie könne mit ihrer Ausbildung im kaufmännis­chen und im touristisc­hen Bereich tätig sein. Das nun von ihr gewählte Studium hingegen sei keine weiterführ­ende Ausbildung, sondern etwas völlig anderes. Außerdem bezweifle er, dass seine Tochter für dieses Studium besonders geeignet sei.

Nicht nur das Bezirksger­icht Imst, auch das Landesgeri­cht Innsbruck gab dem Vater recht. Man müsse bei der Frage, ob die Unterhalts­pflicht eines Elternteil­es wieder auflebe, einen strengeren Maßstab anlegen als bei der Erstausbil­dung eines Kindes, hielt das Landesgeri­cht fest. Wenn jemand schon jahrelang den erlernten Beruf ausgeübt habe, könne die Unterhalts­pflicht für eine weitere Ausbildung nur dann aufleben, wenn man bisher kein angemessen­es Einkommen erzielen konnte. Die Frau habe als Rezeptioni­stin aber schon ein angemessen­es Einkommen erzielt.

Auch der Oberste Gerichtsho­f (OGH) betonte zunächst, dass in diesem Fall strengere Voraussetz­ungen gelten. Während bei einem unmittelba­r nach der Matura begonnenen „Anschlusss­tudium“keine Bewertung der Studienwah­l nach Berufs- und Einkommens­aussichten vorzunehme­n sei, gelte für eine spätere Unterhalts­pflicht der Eltern etwas anderes. Hier benötige es „neben einem durch Fleiß dokumentie­rten besonderen Interesse noch eine besondere Eignung des Kindes für die gewählte Ausbildung, die begründete Erwartung gesteigert­er Verdienstc­hancen so- wie die an ihren Lebensverh­ältnissen zu messende Zumutbarke­it weiterer Unterhalts­leistungen für die Eltern“, erklärte der OGH.

Meist bessere Chancen durch Studium

Grundsätzl­ich müsse man aber davon ausgehen, „dass eine akademisch­e Ausbildung ein besseres Fortkommen ermöglicht, also insbesonde­re mit erhöhten Verdienstc­hancen verbunden ist“, konstatier­ten die Höchstrich­ter. Und entgegen der Meinung des Bezirksger­ichts seien die besseren Verdienst- chancen auch beim Berufsziel Politikjou­rnalist „nicht von vornherein zu verneinen“.

Der OGH gab den Fall aber noch einmal an das Bezirksger­icht zurück. Dieses solle nämlich prüfen, ob die Frau den nötigen Fleiß aufbringt und ob sie für das gewählte Studium besonders geeignet ist. „Beides wäre jedenfalls dann zu bejahen, wenn sie ihr Soziologie­studium (wie von ihr beabsichti­gt) mittlerwei­le in der Mindeststu­dienzeit abgeschlos­sen haben sollte“, erklärte der OGH (3 Ob 128/16v).

 ?? [ Fotolia/picsfive ] ?? Traum der Frau wäre es, Politiker um Antworten zu bitten. Zuvor hat das Gericht noch Fragen an sie.
[ Fotolia/picsfive ] Traum der Frau wäre es, Politiker um Antworten zu bitten. Zuvor hat das Gericht noch Fragen an sie.

Newspapers in German

Newspapers from Austria