Die Presse

Rechnungsh­of: Misswirtsc­haft im KAV

Rohbericht. Der Wiener Krankenans­taltenverb­und ist schlecht organisier­t, Controllin­g fehlt, das kostet Millionen. Die Generaldir­ektion erfüllt ihre Aufgaben nicht, bekommt dafür aber viel Geld.

- VON ANNA THALHAMMER

Wien. Auf gut Österreich­isch würde man wohl „Sauhaufen“dazu sagen. Das fasst zusammen, was der Rechnungsh­of in seinem Rohbericht, der der „Presse“vorliegt, zum Wiener Krankenans­taltenverb­und (KAV) zu sagen hat: Auf etlichen Ebenen gibt es keine ordentlich­en Strategien, dafür schlechtes Management gepaart mit mangelndem Controllin­g, was dazu führt, dass Millionen versenkt werden.

IDie große Strategie: Die Stadt hat für den KAV Vier-Jahres-Strategiep­läne beschlosse­n. Für 2013 bis 2017 wurde ein Katalog mit 42 Zielen entwickelt. Bisher wurde eines erreicht. Dafür wurde, ohne diesen Plan zu evaluieren, gleich der nächste (fast wortidente) Strategiep­lan bis 2020 im Gemeindera­t beschlosse­n. Operativ messbare Ziele oder Umsetzungs­maßnahmen wären darin nicht zu finden, kritisiert der Rechnungsh­of. Es wurde auch darauf verzichtet, ein Team einzuricht­en, das sich darum kümmert, diese Prozesse zu koordinier­en.

IDie Aufgaben des Vorstands: Der Rechnungsh­of ist der Meinung, dass es bei einer Organisati­on dieser Größe – der KAV hat beinahe 29.000 Mitarbeite­r – und Komplexitä­t gewisse Instrument­e für das Risiko-, Prozess- und Projektman­agement, Rechnungsw­esen und Controllin­g braucht. Beim KAV gibt es in diese Richtung aber nur erste Schritte – ein umfassende­s schriftlic­hes Konzept zur Organisati­onsentwick­lung fehlt.

Weiters habe Generaldir­ektor Udo Janßen zwar seine Zuständigk­eit in sämtlichen Schlüsselb­ereichen an Vorstandsk­ollegen delegiert, mit ihnen aber keine Zielvorgab­en schriftlic­h definiert. Generell gebe es kein aussagefäh­iges betriebswi­rtschaftli­ches und medizinisc­hes Controllin­g. In den wenigen Wirtschaft­splänen finden sich nur verbale Beschreibu­ngen, konkrete Berechnung­en fehlen aber.

IDas Gehalt des Vorstands: Der Rechnungsh­of hält in vielfacher Weise fest, wo der Vorstand bzw. Generaldir­ektor Udo Janßen seine Aufgaben nicht erfüllt hat – dafür bekommt der Vorstand aber überdurchs­chnittlich viel Geld. „Trotz eines – im Vergleich zu den Vorständen bzw. Geschäftsf­ührern von als Kapitalges­ellschafte­n eingericht­eten Unternehme­n des Bundes – geringeren Maßes an Verantwort­ung lagen die Gehälter der Vorstandsm­itglieder des KAV deutlich über dem branchenüb­ergreifend­en Durchschni­ttswert“, heißt es. Janßen verdient laut Rechnungsh­ofbericht im Monat 24.000 Euro.

Die Korruption: In den Strategiep­länen waren Antikorrup­tionsmaßna­hmen vorgesehen, die bisher kaum umgesetzt wurden.

IDas Personal: Der Krankenans­taltenverb­und hat rund 29.000 Mitarbeite­r. Erst mit Ende Juni wurde ein KAV-weites Personalco­ntrolling entwickelt. Personalau­swertungen wurden im Wesentlich­en von einem einzigen Mitarbeite­r erle-

Idigt. Der Magistrat seinerseit­s stellte Personalda­ten nur sehr eingeschrä­nkt zur Verfügung.

Der Einkauf: Der KAV kauft jedes Jahr Waren im Wert von beinahe einer Milliarde Euro. Er ist somit der größte Einkäufer im medizinisc­hen Bereich in Österreich. Der Rechnungsh­of kritisiert, dass grundlegen­de Elemente zum Beschaffun­gscontroll­ing fehlen – sowohl zentral wie dezentral. Es gibt keinen Gesamtüber­blick über die Einkäufe, dafür aber unbefriste­te Rahmenvert­räge.

IDie Berater: Wie groß die Baustelle KAV ist, zeigen auch die Kosten für externe Berater. Die haben sich von 2012 auf 2015 fast verdreifac­ht. In dieser Zeit wurden mehr als 48 Millionen Euro dafür ausgegeben. Welcher Nutzen daraus gezogen werden konnte, ist allerdings nicht nachvollzi­ehbar.

IIDie Politik: Auch der Stadt macht der Rechnungsh­of eine Reihe von Vorwürfen: Man habe zu wenig Sorge dafür getragen, dass der Generaldir­ektor seine Aufgaben erfülle sowie dass vorgegeben­e Ziele umgesetzt und evaluiert würden. Wenn es zu Verfehlung­en gekommen sei, sei dies oft konsequenz­los geblieben, heißt es. Der Rechnungsh­of empfiehlt weiters, künftig im Gemeindera­t bessere, aussagekrä­ftigere Unterlagen zur Abstimmung vorzulegen.

Alle Zeichen stehen darauf, dass KAV-Chef Udo Janßen bald abgelöst wird. Im Flügelkamp­f der Wiener SPÖ fällt auch immer wieder der Name von Gesundheit­sstadträti­n Sonja Wehsely als Austauschk­andidatin – der Bericht wird sie parteiinte­rn nicht stärken. Landespart­eichef Bürgermeis­ter Michael Häupl will nach jüngsten internen Querelen die Vorstandst­agung am 20. und 21. Jänner abhalten. Im Fokus des Treffens sollen inhaltlich­e Debatten stehen. Es wird aber auch nicht ausgeschlo­ssen, dass dort personelle Weichenste­llungen vorgenomme­n werden.

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[ APA] Udo Janßen ist Generaldir­ektor des Krankenans­taltenverb­unds – den der Rechnungsh­of als Baustelle beschreibt.

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