Im Kino darf das Auto mehr als nur fahren
Sie können fliegen und fressen, sprechen und schießen, sie dienen als Statussymbol und manchmal als Käfig, aus dem man nicht mehr rauskommt: „Die Presse“empfiehlt fünf Filme, in denen Fahrzeuge eine Hauptrolle spielen.
„Bullitt“Steve McQueen saß nicht nur vor der Kamera gern hinterm Steuer. Auch privat galt seine Leidenschaft dem Motorsport. Eines der Herzensprojekte des Stars war die Produktion einer Doku über die 24 Stunden von Le Mans, die er 1970 nach etlichen Startschwierigkeiten realisieren konnte – mit angehängter Spielfilmhandlung zwecks besserer Kinoauswertung. Doch der Profiduell-Plot ist Nebensache; den Glutkern dieser Grand-Prix-Pornografie bilden eindrucksvolle Temporauschbilder, die den Zuschauer ins Cockpit stecken oder mitten unter die Flitzer auf die Trasse schmeißen: Porsche vs. Ferrari, bei Regen und bei Sonnenschein, mit 350 km/h auf der langen Geraden. Lang bevor sich „Star Wars“zum heiligen Retrogral der Popkultur entwickelte, schwelgte dessen Urheber, George Lucas, selbst in Nostalgie. Sein erster Kinohit, „American Graffiti“, ist eine verträumte Ode an die Jugendkultur der frühen Sechziger, kurz vor dem Un- schuldsverlust in Vietnam. Autos spielen dabei eine wesentliche Rolle: Chevys, Impalas, Thunderbirds und ein knallgelber Ford sind den Teenagern Statussymbol, Anmachwerkzeug und Freiheitsversprechen in einem. Zu den Klängen des Jukebox-Soundtracks gleiten sie durch die laue Sommernacht, als würde ihnen die Welt gehören – bis der Morgen dämmert. Am Rande mit dabei: Harrison Ford vor seinem großen Durchbruch. Das Ding, dem das Animationsstudio Pixar keine anrührende Menschenähnlichkeit verleihen könnte, ist noch nicht erfunden. Nach Erfolgsfilmen über Spielzeug, Insekten und Fische drückte es Autos ausdrucksstarke Augen auf die Windschutzscheiben. Heraus kam zwar nicht die beste, aber vielleicht die stromlinienförmigste und detailreichste Pixar-Arbeit. Ein selbstverliebter Rennwagen schlittert von der Überholspur in ein staubiges Provinznest und lernt dort im Kreise schrulliger Karossen den Wert des Wirgefühls, während auf dem Pannenstreifen reihenweise Car-Culture-Witze vorbeisausen. Viele davon sind erfrischend bizarr: Auf Buick-förmige Canyons muss man erst einmal kommen. Vielen dient der Pkw als Rückzugsort, wo man ungestört in sich gehen oder auszucken kann. „Immer nie am Meer“pervertiert diese Idee und sperrt seine spleenigen Hauptfiguren (gespielt von Stermann, Grissemann und Heinz Strunk) in einen alten Panzerglas-Dienstwagen Kurt Waldheims – mit Sekt, Keksen und Heringssalat. Bald befördert der Karosseriekoller ein absurdes Selbstzerfleischungstheater, dessen Hickhack-Eskalationen ebenso grausam wie komisch sind. Amerika, unweit von morgen: Ein unschuldiger Ex-Rennfahrer (Jason Statham) landet auf einer Gefängnisinsel, wo sich Häftlinge zur Massenunterhaltung Todesrennen mit aufgemotzten Höllenboliden liefern. Siegern winkt die Freiheit, Verlierern ein blutiger Schrottsarg. Paul W. S. Andersons B-Movie-Remake ist der grobschlächtige kleine Bruder von „Mad Max: Fury Road“: Eine motorölverschmierte Vollgas-Krawallsymphonie ohne Gurt und Airbag.