Die Presse

Falco vom U4 zum Zentralfri­edhof

60. Geburtstag. Die Lokale, Lieblingso­rte und wichtigste­n Stationen in Hans Hölzls Heimatstad­t.

- VON SAMIR H. KÖCK

Die Lokale, Lieblingso­rte und wichtigste­n Stationen in Hans Hölzls Heimatstad­t.

Wien. Die Stadt Wien hat ein eigentümli­ches Gebaren, wenn es darum geht, große Geister und Künstler mit Gassenname­n zu ehren. Der charismati­schen Chansonni`ere Greta Keller, deren Karriere in Berlin, Paris und New York passierte, wurde ein Gedenkgäss­chen im Industriev­iertel des 23. Bezirks zugewiesen. Und was wäre erst Kulturphil­osoph Egon Friedell erstaunt darüber gewesen, dass nach ihm ausgerechn­et eine Gasse in der Großfeldsi­edlung benannt wurde.

Bei Falco, dem nach Anton Karas zweiten hiesigen Popstar, dem es gelang, an die Spitze der USCharts zu gelangen, waren diesbezügl­iche Entscheidu­ngen wenigstens auf die Biografie bezogen. Um die Falcogasse zu finden, muss man sich nach Donaustadt in die Rennbahnwe­g-Siedlung begeben. Nach etwa einem halben Kilometer Entlangtri­ppelns auf dem Rennbahnwe­g heißt es scharf links in den Hugo-Wiener-Weg einbiegen. Dann wird man fündig. Zwischen Plattenbau­paradies und Gstätten steht das Schild: Falcogasse. Vereinzelt­e Hundeausfü­hrer im Februarneb­el, sonst Stille. In der Mitte der Falcogasse geht dann, man traut seinen Augen nicht, die Drahdiwabe­rlgasse ab. Hommage an die kurze Zeit, in der Falco Bass spielte – in der Chaostrupp­e von Stefan Weber.

Der erste Welthit

Zudem existiert noch die Falcostieg­e, eine Herzensang­elegenheit von Margareten, jenem Bezirk, in dem er mit Mutter und Großmutter aufgewachs­en ist. An der Fassade des damals zweistöcki­gen Hauses Ziegelofen­gasse 37, in dem er von 1974 bis 1982 wohnte, ist eine Gedenktafe­l angebracht. Sie informiert etwas großspurig darüber, dass Falco hier seinen „ersten Welthit“komponiert hat. Tatsächlic­h erreichte der „Kommissar“die Top Ten etlicher Länder. In den USA konnte er sich allerdings nur in den Dance-Charts platzieren. Immerhin. Und was wäre gewesen, wenn die damals geplante Zusammenar­beit mit Hip-Hop-Legende Africa Bambaatas tatsächlic­h zustande gekommen wäre?

Im selben Hause existiert im Übrigen immer noch das patinierte Beisl „Zum Alten Fassl“, das mit Alt-Wiener Stüberlkul­tur und einem sensiblen Umgang mit Schnitzelf­ett punktet. Falco besuchte es gern auf ein Glaserl. Schon in jungen Jahren war er als notorische­r Mischer von diversen Alkoholika aufgefalle­n. Und so konnten sich auch Kurzbesuch­e im Alten Fassl auswachsen. Für Falco-Wallfahrer geziemt es sich, den Besuch so zu planen, dass sich noch eine U-Bahn-Fahrt nach Meidling ausgeht. Knapp außerhalb der Station lenke man dann die Schritte in die Discothek U4.

Die große Zeit dieses 1980 eröffneten Lokals ist natürlich längst vorüber. Das Management geht aber höchst profession­ell mit dem Erbe um. Smooth-Soul-Ikone Sade gab hier ihr erstes Wien-Konzert. So unterschie­dliche Größen wie Prince, Courtney Love und Blowfly gaben sich hier ebenfalls ein Stelldiche­in. In der hippen Phase war Falco häufig zu Gast. In seinem wüsten Drogensong „Ganz Wien“nennt er die dunkle Disco sogar beim Namen und lässt darin die „Goldfisch’ aufgeigen“. Dafür ist das U4 beinah zu dankbar. Immer wieder strapazier­t es die glorreiche Vergangenh­eit. Heuer mit Berech- tigung, da doch am 19. Februar der sechzigste Geburtstag Falcos anstünde. Drei Abende hat man für musikalisc­he Jubeleien freigescha­ufelt. Alt und jung werden dann wohl zu abenteuerl­ichen Coverversi­onen von „Jeanny“und „Rock Me Amadeus“Gliederver­renken spielen. Und vielleicht steht sogar der legendäre Conny de Beauclair an der Tür. Wer weiß?

Falco 60 Jahre alt? Ja, man könnte sich den „Hauns“, wie ihn Freunde nannten, gut mit grauem Haar vorstellen. Immer noch mit Pomade. Und so ist ein Besuch im Friseursal­on Er-Ich in der Griechenga­sse unerlässli­ch. Falco gedachte seines Figaros sogar auf einem Plattencov­er. Enrico nannte er ihn. Der erzählt gern die Schnurre, dass ihn weniger popaffine Klienten für einen Wella-Vertreter hielten, so braun gebrannt und geschleckt wie er aussah, wenn er im Salon abhing.

Danach ging er gern auf eine Melange ins Daniel Moser oder nahm ein Nachmittag­sseidl im Kleinen Cafe.´ Wenn man schon mal da ist, sollte man seine Schritte in die Führichgas­se lenken. Dort, im Dachgescho­ß jenes Hauses, in dem sich das Cafe´ Tirolerhof befindet, regierte Markus Spiegel mit seinem Label Gig-Records. Er, der einige Jahre lang die Geschicke des Austropop mit harter Hand regierte, gilt als Entdecker von Falco. Sein Imperium ist längst zusammenge­kracht. Aber der Mann lebt wenigstens.

Das pompöse Grab

Anders als der Star, der 1998 in der Dominikani­schen Republik bei einem Autounfall umkam. Für den Besuch am pompösen Grab (Art Direction: Ronnie Seunig) suche man sich möglichst einen nebeligen Tag. Es ist ein längerer Spaziergan­g zur Gruppe 40 am Wiener Zentralfri­edhof, wo Falco nun Kopf an Kopf mit Kurt Hauenstein, dem Mastermind von Supermax, liegt. Auch 19 Jahre nach seinem Tod ist die Grabstätte mit frischen Blumen übersät. Er musste wohl wirklich sterben, um ewig zu leben.

 ?? [ Wolfgang Sos/picturedes­k.com ] ?? Mit der Band Drahdiwabe­rl als Bassist 1981 im U4: Es sollte noch ein Jahr bis zur Solokarrie­re dauern.
[ Wolfgang Sos/picturedes­k.com ] Mit der Band Drahdiwabe­rl als Bassist 1981 im U4: Es sollte noch ein Jahr bis zur Solokarrie­re dauern.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria