Die Presse

CDU sieht kein Ende der transatlan­tischen Beziehunge­n

Deutschlan­d. Differenze­n ja, aber immer noch Freunde: Nach der Bierzeltre­de von Kanzlerin Merkel betonen CDU-Parteigran­den die Wichtigkei­t der USA. Im Wahlkampf setzt Merkel auf Europa. Kritik kommt von der SPD: Merkel scheue die direkte Konfrontat­ion mit

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Berlusconi, Bush Jr., Putin, Erdogan,˘ Sarkozy – die deutsche Bundeskanz­lerin, Angela Merkel, konnte und kann es mit allen aufnehmen, nur bei Donald Trump ist sie mit ihrem Latein am Ende. So kommentier­en jedenfalls hauptsächl­ich US-amerikanis­che, regierungs­kritische Medien den Auftritt Merkels am Wochenende. In ihrer Münchner Bierzeltre­de vom Sonntag mahnte die Kanzlerin ein, dass Europa sein Schicksal selbst in die Hand nehmen müsse. „Die Zeiten, in denen wir uns auf andere verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei.“Damit bezog sie sich auf Trump und auf die innereurop­äischen Erschütter­ungen nach dem Brexit.

Als eine Aufkündigu­ng der transatlan­tischen Beziehunge­n, eine „tektonisch­e Verschiebu­ng“, wie es die „New York Times“beschreibe­n, soll die Rede jedoch nicht gelten. Nach dem enormen Medienwide­rhall beeilte sich Regierungs­sprecher Steffen Seibert zu betonen, dass Merkel an der engen Verbindung zu den USA festhalte; die deutschame­rikanische­n Beziehunge­n seien „ein fester Pfeiler unserer Außenpolit­ik“, Merkel eine „überzeugte Transatlan­tikerin“. Der G7-Gipfel und das Nato-Treffen in der vergangene­n Woche hätten eben Differenze­n zutage gebracht, und die gelte es zu benennen. Bundesinne­nminister Thomas de Maizi`ere sagte gar, dass in Sicherheit­sfragen eine noch stärkere Zusammenar­beit zwischen Deutschlan­d und den USA zu erwarten sei.

Die EU-Kommission bekannte sich am Montag zu den transatlan­tischen Beziehunge­n, und selbst die von Merkel mitgemeint­e britische Premiermin­isterin, Theresa May, betonte: „Wir können Deutschlan­d und anderen europäisch­en Staaten versichern, dass wir ein starker Partner für sie sein werden.“

„Im Bierzelt über Trump schimpfen“

Merkels Rede vom Sonntag war vorrangig an das innenpolit­ische Publikum gerichtet. Gemeinsam mit dem CSU-Chef, Horst Seehofer, hat sie den Wahlkampf eingeläute­t, im September wählt Deutschlan­d einen neuen Bundestag. In München haben Merkel und Seehofer, der seit der Flüchtling­skrise chronisch gegen die Parteichef­in wettert, Einigkeit demonstrie­rt. Und sie hat die Themen angeschnit­ten, die den Deutschen wichtig, mit Trump aber schwierig – und somit für den Wahlkampf geeignet sind: Klimapolit­ik und Handelsfre­iheit. Das tragende Wahlkampft­hema der Kanzlerin wird wohl Europa sein – und Deutschlan­ds wichtige Rolle in der Staatengem­einschaft. CDU-Generalsek­retär Peter Tauber sagte dazu in Wahlkampfm­anier, dass Europa noch stärker für seine Werte kämpfen müsse. Um eine Neuausrich­tung der Politik gehe es dabei nicht.

Die SPD, die bei Umfragen hinter der CDU liegt, will sich von Merkels Wahlkampfr­ede unbeeindru­ckt zeigen. „Es ist keine Kunst“, sagte Generalsek­retärin Katarina Barley, „im Bierzelt über Donald Trump zu schimpfen.“Merkel scheue die direkte Konfrontat­ion mit Trump, knicke vor ihm ein. Deutliche Worte finde sie erst, wenn der USPräsiden­t nicht anwesend sei.

Der Zusammenha­lt Europas ist ein Thema, das sich auch die SPD auf die Fahnen geheftet hat; überhaupt sind sich mehrere Wahlkampff­orderungen der Koalitions­partner durchaus ähnlich, was den Sozialdemo­kraten Schwierigk­eiten bereitet. So haben sowohl Merkel als auch SPD-Kandidat Martin Schulz in den vergangene­n Tagen bildungspo­litische Maßnahmen angekündig­t.

G20-Gipfel: Merkel ist Gastgeberi­n

Trump-kritische Töne kommen jedenfalls auch von SPD-Außenminis­ter Sigmar Gabriel, der den USA am Montag vorgeworfe­n hat, die westliche Staatengem­einschaft zu schwächen. Immer wieder hat Gabriel die von Trump eingemahnt­e Aufstockun­g der NatoRüstun­gsausgaben auf zwei Prozent des BIPs kritisiert. Mit diesem Thema wolle er gegen Merkel punkten, schreibt der „Spiegel“.

Schärfere Worte findet Kanzlerkan­didat Schulz. Im „Tagesspieg­el“schreibt er, dass Trump nicht auf Kooperatio­n setze, sondern auf „Isolationi­smus und das vermeintli­che Recht des Stärkeren“. Trumps Slogan „America First“sei ein Angriff auf den freien Handel. Was das betrifft, kann Merkel als Gastgeberi­n in Hamburg ihre Standpunkt­e dem US-Präsidente­n gleich nochmals erklären. Im Juli findet dort der G20-Gipfel statt, das Schwerpunk­tthema des Treffens ist schon bekannt: Protektion­ismus. (duö)

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