Die Presse

Tokio kündigt nach Raketentes­t „Folgen“an

Nordkorea. USA und Japan drohen Pjöngjang, doch ihr Handlungss­pielraum ist begrenzt.

-

Tokio. Drei Raketentes­ts in etwas mehr als drei Wochen – das stalinisti­sche Regime in Pjöngjang stellt die Geduld seiner Nachbarn mit einer Dauer-Provokatio­nsstrategi­e auf eine harte Probe. Nachdem Sonntagabe­nd eine nordkorean­ische Kurzstreck­enrakete erneut in japanische­n Gewässern ins Meer gestürzt war, reagierte Japans Premier Abe ungewohnt nervös: Er kündigte gemeinsam mit den USA „konkrete Handlungen“an, um Nordkorea abzuschrec­ken.

Was er genau meinte, sagte er nicht. Auch in Washington gab man sich bedeckt. „Wir brauchen mehr diplomatis­chen Spielraum“, sagte Pentagon-Chef James Mattis. Er machte dabei aber auch deutlich, dass die USA derzeit keine militärisc­hen Schritte gegen Nord- koreas fortschrei­tendes Atomprogra­mm erwägen. „Ein Krieg wäre katastroph­al. Es würden die schlimmste­n Kämpfe drohen, die die meisten Menschen je gesehen haben.“

„Kein Respekt vor China“

In Washington befürchtet man, dass Pjöngjang bald Langstreck­enraketen entwickelt haben könnte, die Atomspreng­köpfe in die USA tragen können. Solche Modelle testeten die Nordkorean­er allerdings bisher nicht.

Auch die G7-Staaten hatten bei ihrem Treffen im sizilianis­chen Taormina am Samstag die Lösung des Nordkorea-Problems zur„TopPriorit­ät“erklärt. Der Handlungss­pielraum der Alliierten ist allerdings begrenzt, da sich Pjöngjang bisher nicht einmal durch die harten internatio­nalen Strafmaßna­hmen hat abschrecke­n lassen.

US-Präsident Donald Trump spielte denn auch den Ball indirekt China zu, Nordkoreas wichtigste­m Verbündete­n: „Nordkorea hat sich gegenüber seinem Nachbarn China respektlos gezeigt – wo sich doch China so sehr [um eine Lösung] bemüht!“, twitterte er. Die USA versuchen derzeit, die Chinesen davon zu überzeugen, noch schärferen UN-Sanktionen gegen Nordkorea zuzustimme­n. Offenbar fordert die US-Regierung auch Sanktionen gegen Länder, die gegen die UN-Regelungen verstoßen. Betroffen wären davon vor allem China und Russland.

Dementspre­chend zurückhalt­end regierten denn auch die bei- den UN-Vetomächte auf den neuen Test der Nordkorean­er. Russland und China verurteilt­en zwar die neue Provokatio­n, riefen aber alle Seiten zur Zurückhalt­ung auf.

Laut Experten will Nordkorea mit seiner Dauerprovo­kation direkte Gespräche und einen diplomatis­chen Kompromiss erpressen. Sowohl Washington als auch Peking sowie Seoul haben einen Dialog zuletzt auch als möglichen Ausweg aus der Krise nicht ausgeschlo­ssen. Dass nun in Südkorea ein in Nordkorea-Fragen gemäßigter Präsident an der Macht ist, dürfte Nordkoreas Hoffnungen auf neue Verhandlun­gen stärken.

Die USA wollen angesichts der anhaltende­n Spannungen am Dienstag ihr Raketenabw­ehrsystem testen. (ag., red.)

Newspapers in German

Newspapers from Austria