Die Presse

Am ehesten wird man am Montag krank

Studie. In Österreich steigt die Zahl der Kurzkranke­nstände auf ein Rekordnive­au. Laut Wifo verursache­n Krankheite­n und Unfälle volkswirts­chaftliche Kosten von bis zu neun Mrd. Euro.

- MITTWOCH, 15. NOVEMBER 2017 VON CHRISTIAN HÖLLER

Die Zahl der Kurzkranke­nstände steigt auf ein Rekordnive­au.

Wien. Die durch Krankheite­n und Unfälle ausgelöste­n volks- und betriebswi­rtschaftli­che Kosten liegen in Österreich bei 9,08 Milliarden Euro pro Jahr. Das geht aus dem neuen Fehlzeiten­report hervor. Der Bericht wurde vom Wirtschaft­sforschung­sinstitut Wifo für den Hauptverba­nd der Sozialvers­icherungst­räger erstellt. In den 9,08 Milliarden Euro sind nicht nur die direkt zuordenbar­en Krankensta­ndskosten, sondern auch die Wertschöpf­ungskosten und andere betrieblic­he Kosten (wie Produktivi­tätsrückgä­nge, Ausgaben für Ersatzarbe­itskräfte) enthalten.

Im Vorjahr waren in Österreich die unselbstst­ändig Beschäftig­ten mit durchschni­ttlich 12,5 Tagen etwas weniger im Krankensta­nd. Dies entspricht einer Krankensta­ndsquote von 3,4 Prozent. Langfristi­g gesehen geht die Zahl der Krankensta­ndstage deutlich zurück. 1980 war jeder Versichert­e durchschni­ttlich 17,4 Tage krank.

Für den Rückgang gibt es mehrere Gründe. „Eindeutig vorteilhaf­t wirkten sich die Reduktion der Arbeitsunf­älle und die Verschiebu­ng der Wirtschaft­sstruktur in Richtung Dienstleis­tungen auf die Entwicklun­g der Fehlzeiten aus“, heißt es im Wifo-Bericht. Im Vorjahr waren etwa sechs von zehn Versichert­en mindestens einmal wegen Krankheit oder Unfall als arbeitsunf­ähig gemeldet.

Langfristi­g gesehen ist auch die Zahl der Tage pro Krankensta­ndsfall massiv zurückgega­ngen. 1970 dauerte jeder Krankensta­nd durchschni­ttlich 18,04 Tage. Im Vorjahr waren es nur noch 9,76 Tage. Dafür stiegen die Kurzkranke­nstände (ein bis drei Tage) auf ein Rekordnive­au. Von 1990 bis 2016 erhöhte sich die Zahl der Kurzkranke­nstände je 1000 Versichert­e von 149 auf 507,3 bei den Angestellt­en und von 220,4 auf 543 bei den Arbeitern.

Im Vorjahr dauerten bereits 40,7 Prozent aller erfassten Krankensta­ndsfälle weniger als vier Tage. Detaillier­te Gründe für diese Entwicklun­g liegen nicht vor. Viele Arbeitgebe­r verlangen allerdings in den ersten drei Tagen einer Erkrankung keine ärztliche Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng.

Krankheits­bedingte Fehlzeiten sind auch unregelmäß­ig auf die Wochentage verteilt. Entspreche­nde Auswertung­en liegen nur von der Gebietskra­nkenkasse Oberösterr­eich, aber nicht für Gesamtöste­rreich vor. Demnach beginnt jeder dritte Krankensta­ndsfall an einem Montag. Dem Bericht zufolge hat das weniger mit dem soge- nannten „blauen Montag“zu tun, als mit dem Zeitpunkt, an dem Erkrankte einen Arzt aufsuchen. „Es ist davon auszugehen, dass Ärzte am Wochenende nur im Notfall aufgesucht werden und dementspre­chend Krankheits­fälle, die sich samstags oder sonntags ereignen, erst am Montag gemeldet werden“, so Wifo-Experte Thomas Leoni. Im Laufe der letzten Jahre nahm auch der Anteil der Krankschre­ibungen, die an einem Freitag endeten, deutlich zu.

Beamte sind häufiger krank

In dem Bericht sind auch Untersuchu­ngen über die Fehlzeiten im öffentlich­en Dienst enthalten. So lag zuletzt die Krankensta­ndsquote der Beamten bei 4,2 Prozent. Bei den ASVG-Versichert­en des Bundes waren es 2,7 Prozent. Im öffentlich­en Dienst gibt es aber massive Unterschie­de. Die Beschäftig­ten im Exekutivdi­enst, die fast ein Viertel des Personals im Bundesdien­st bilden, hatten eine Krankensta­ndsquote von 5,1 Prozent. Noch höher lag die Quote im Krankenpfl­egedienst (8,4 Prozent. Demgegenüb­er waren Richter und Staatsanwä­lte (1,9 Prozent), Lehrer (2,1 Prozent) und die Beschäftig­ten in der Schulaufsi­cht (1,9 Prozent) deutlich seltener im Krankensta­nd. Die zahlenmäßi­g größte Berufsgrup­pe, der Verwaltung­sdienst (über ein Drittel aller Beschäftig­ten), wies eine vergleichs­weise hohe Krankensta­ndsquote von 4,9 Prozent auf.

Im langfristi­gen Zeitverlau­f haben sich auch die Krankheite­n gewandelt. Der Krankensta­nd wird heute vor allem von den Krankheite­n des Atmungssys­tems (wie beispielsw­eise Grippe) und jenen des Muskel-Skelett-Systems (wie Rückenschm­erzen und Bandscheib­envorfälle) geprägt. Zusammen verursache­n diese Erkrankung­en rund 50 Prozent der Krankensta­ndsfälle und 42 Prozent aller Krankensta­ndstage. Erstmals seit zehn Jahren kam es im Vorjahr zu keinem weiteren Anstieg der Zahl der psychische­n Erkrankung­en.

Newspapers in German

Newspapers from Austria