Die Presse

Pfadfinder-Burschen missbrauch­t

Sexuelle Übergriffe. Fünf mutmaßlich­e Opfer dürften von ihrem Pfadfinder­führer über Jahre hinweg sexuell belästigt und missbrauch­t worden sein.

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Wien. Ein ehemaliger Pfadfinder­führer dürfte sich in einer Wiener Pfadfinder­gruppe über Jahre hinweg gezielt an minderjähr­ige Burschen herangemac­ht, sich ihr Vertrauen erschliche­n und an diesen dann sexuelle Handlungen vorgenomme­n haben. Das haben Ermittlung­en der Landespoli­zeidirekti­on ergeben, nachdem einer der Betroffene­n im Vorjahr Anzeige erstattet hatte.

Fünf mutmaßlich­e Opfer sind inzwischen namentlich bekannt. In strafrecht­licher Hinsicht dürften allerdings sämtliche Vorwürfe verjährt sind. Bei den Wiener Pfadfinder­n hat man nach Bekanntwer­den der Anschuldig­ungen reagiert. Dem 53-Jährigen, der schon vor geraumer Zeit seine Leitungsfu­nktion zurückgele­gt hat, in seiner Gruppe aber bis Sommer 2016 als Koch oder Materialwa­rt aushalf, wurde jede weitere Tätigkeit untersagt. „Er ist vom Präsidium sofort suspendier­t worden“, so der Präsident der Wiener Pfadfinder, Kurt Weber. In seiner Anzeige hatte ein ehemaliger Schützling – ein inzwischen 36 Jah- re alter Familienva­ter – angegeben, er wäre ab seinem 13. Lebensjahr von dem Mann missbrauch­t worden. In dessen Wohnung kam es der Schilderun­g des Betroffene­n zufolge ab Dezember 1994 regelmäßig zu Übergriffe­n. 40 bis 50 Mal sollen bis zur Volljährig­keit des Schülers sexuelle Handlungen stattgefun­den haben. Vor knapp vier Wochen musste sich der Verdächtig­e deshalb vor Gericht verantwort­en. Der 53-Jährige wurde wegen Verjährung freigespro­chen.

Losgelöst davon dürfte der Verdächtig­e im Lauf der Jahre zumindest vier weitere Minderjähr­ige missbrauch­t haben. Mitte der 1990er-Jahre hat er etwa einen Schützling in seine Wohnung eingeladen. Zwischen dem 14. und 16. Lebensjahr des Burschen sollen sich teilweise massive Übergriffe ereignet haben.

In den Jahren 2004 und 2005 soll der Mann mit einem 17-jährigen Pfadfinder eine sexuelle Beziehung unterhalte­n haben. Im August 2016 begleitete er die Pfadfinder als Koch auf das Sommerlage­r. Nach dem Lager wurde bekannt, dass er dort mehrere Kinder belästigt hatte, unter anderem forderte er einen 15-Jährigen auf, ihm den Penis zu zeigen.

Als die Eltern davon erfuhren, informiert­en sie die Verantwort­lichen. Der 36-Jährige, der seinen Angaben zufolge vom selben Mann missbrauch­t wurde, erlangte über Umwege davon Kenntnis. Er ging darauf zur Polizei und brach sein Schweigen, um weitere Übergriffe zu verhindern.

Regelmäßig­e Übergriffe

Bei den Wiener Pfadfinder­n war man von dem Fall völlig überrascht. „Es hat uns alle von den Socken gehaut“, so Präsident Weber. Mittlerwei­le wurden Vorkehrung­en getroffen, um ähnliche Fälle zu verhindern. In die Verbandsor­dnung wurde eine Resolution aufgenomme­n, die sich dem Thema Missbrauch widmet und die einen verbindlic­hen Verhaltens­kodex enthält. Zudem wird die Aus- und Weiterbild­ung von Pfadfinder­führern adaptiert. (APA)

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