Spielende Schweinderln statt romantischer Liebespaare
Wenn Hotels auffallen wollen, brauchen sie eine neue authentische Bildsprache. Die inszenierte Idylle ist out.
Fröhliche Kinder bewerfen sich auf einem Traktoranhänger mit Stroh, junge Schweinderln, die neugierig in die Kamera schauen, und ein Vater mit Sohn, die beide mit sichtlichem Vergnügen Pferde füttern. Die Bilder des Baby- und Familienbauernhofs Glawischnig-Hofer unweit von Gmünd im Norden von Kärnten wirken alles andere als gekünstelt, könnten genauso in einem hochwertigen Reisemagazin Teil einer Reportage über das Landleben sein. Und sie verfehlen ihre Wirkung nicht. Nicht nur Kinder dürften an den lebhaften Szenen Gefallen finden. Ein gutes Beispiel für moderne und zielgruppengerechte Bildsprache, findet Stephan Kalinka. „Eine gute Bildsprache muss nicht immer nur eine Sache großer Hotels sein, das kann auch ein kleiner privater Betrieb wie dieser Biohof mit 20 Zimmern in Kärnten“, sagt der Managing Partner der Saint Elmo’s Travel, einer auf Tourismus spezialisierten, internationalen Beratungsgesellschaft.
Gast schätzt Realistisches
Die Anforderungen an die Bildsprache haben sich für Gastbetriebe in den vergangenen Jahren extrem gewandelt. Brave Prospekte mit Candle-Light-Dinner und kuschelnden Paaren im Pool haben ausgedient. Internet und soziale Netzwerke generieren zudem ein neue Art von Medienkonsum und andere Prioritäten. „Seit den Achtzigerjahren hat sich der Trend sehr gedreht“, meint die Berliner Fotografin Patricia Parinejad, die weltweit für renommierte Hotels fotografiert. „Es gibt eine wahnsinnige Überflutung an Bildern. Deshalb ist es umso wichtiger, eine gezielte, kreative Bildsprache zu entwickeln, die neugierig macht und Sehnsüchte weckt.“Und das schaffen keine geschönten Bilder mit Weichzeichner wie anno dazumal, sondern möglichst viel Au- thentizität. Gefragt sind vor allem realistische Aufnahmen. Die Menschen wollen auf den Bildern sehen, was sie wirklich erwartet. „Grundsätzlich ist weniger mehr“, empfiehlt die Kommunikationsexpertin Nadin Brendel, die mit ihrem Kreativbüro für die Kommunikation vieler Hotels in Bad Gastein und in den Alpen verantwortlich ist und auch für den renommierten Instagram-Account @visitbadgastein. „Man soll nicht alles und jedes auf das Bild nehmen, sondern gezielt den Fokus wählen. Das gilt auch für Bilder mit Menschen. Bestenfalls auf gestellte Fotos mit Models verzichten“, empfiehlt Brendel.
Hochwertige Fotografie und Text
Die Fotografin Patricia Parinejad entwickelt für ihre Hotelkunden eine Bildsprache auf drei bis vier Ebenen. Zimmer werden horizontal und vertikal aufgenommen, dazu große, horizontale Weitwinkelaufnahmen der Räumlichkeiten für die Buchungsportale realisiert. Ergänzt wird dies mit LifestyleElementen, mit Menschen und Tieren oder Detailaufnahmen von Abläufen – wenn zum Beispiel Mitarbeiter das Bett machen oder den Tisch decken. Für eine qualitativ hochwertige Bildsprache braucht es auch dementsprechend qualifizierte Fotografen. Und die kosten Geld.
Geld das laut Stephan Kalinka wiederum gut investiert ist: „Wir arbeiten in diesem Bereich mit renommierten Fotografen, die auch für Magazine wie , Geo Saison‘ tätig sind.“Idealerweise lässt ein Hotel die komplette Visualisierung von einem Fotografen realisieren, um damit eine einheitliche Bildsprache zu garantieren.
Noch einen Schritt weiter geht der Tourismusberater Kurt Illmer aus Bozen. „Für uns ist eine profunde und individuelle Kenntnis des Kunden fundamental, um eine optimale Kommunikation zu schaffen. Zudem ist uns wichtig, dass alles inklusive Text und Layout aus einer Hand geliefert wird und dass wir uns so lange Diskussionen mit Agenturen ersparen können. So schaffen wir es am besten, dass Content, Bilder und Grafik zusammenpassen.“
Viele Hotels allerdings haben nicht die Budgets für eine professionelle Bildsprache, oder sie wollen diese Kosten nicht investieren. „Da wurde oft jahrelang nichts gemacht. Es mangelt häufig auch an Aktualität, da werden wichtige Innovationen gar nicht attraktiv präsentiert. Hier gilt es, noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten“, ergänzt Kurt Illmer.
Für Kalinka, dessen Agentur fünf Standorte in Österreich hat, sind die Voraussetzungen in Österreich besser als bei den Nachbarn in Deutschland. In Österreich seien höhere Budgets üblich, was auch damit zu tun habe, dass der Tourismus eine bessere Wertschätzung genieße. Ein gutes Beispiel für professionelle und erfolgreiche Bildsprache sieht er etwa im Haus Hirt in Bad Gastein. Für Hotelchefin Evelyn Ikrath sieht die Rezeptur für eine solche Bildsprache so aus: „Ein Fotograf mit dem Gespür für das gewisse Etwas, einer, der das Produkt mag. Dazu eine Mischung aus Close-ups und Totalen, wenige Menschen, Liebe zum Detail und eine wichtige Kleinigkeit: bei Zimmerbildern immer die Lampen an, auch tagsüber.“