Das heiße Eisen in der Forschung
An der Med-Uni Innsbruck hat ein neues Christian-Doppler-Labor für Eisenmetabolismus und Anämieforschung eröffnet. Forscher wollen dort offene Fragen zur Blutarmut klären.
Haben wir von etwas zu wenig im Körper, wird es ersetzt. So die übliche Praxis in der Medizin. Dass die beste Therapie bei Eisenmangel jedoch nicht zwingend „mehr Eisen“lautet, das wollen Forscher der Medizinischen Universität Innsbruck untersuchen. Seit November gibt es das Christian-Doppler(CD)-Labor zu Eisenmetabolismus und Anämieforschung, am Mittwoch wurde es nun offiziell eröffnet.
Dort dreht sich alles um das lebenswichtige Schwermetall: Warum es knapp wird, wer es braucht, wie und ob man es von außen zuführen sollte. Neben der Frage der Art und Weise – Schlucken oder direkt über die Vene ins Blut – stellen die Forscher vor allem die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, fehlendes Eisen zuzuführen. „Sicher nicht in jedem Fall“, sagt dazu Günter Weiss, Direktor der Universitätsklinik für Innere Medizin VI an der Medizinischen Universität Innsbruck und Leiter des Labors.
Als Hauptbestandteil von Hämoglobin ist Eisen für den Sauerstofftransport im Blut verantwortlich. Zu wenig Eisen führt zu Blutarmut, die sich irgendwann als Müdigkeit, Blässe und Atemnot bemerkbar macht. Anämie betrifft in unseren Breiten zehn bis 20 Prozent der Bevölkerung. Den sogenannten echten Eisenmangel findet man hauptsächlich bei jungen Frauen, er entsteht durch Blutverlust während der Monatsblutung. Hier macht das Zuführen von Eisen Sinn.
Im CD-Labor wird jedoch an einem anderen Problem geforscht: der Anämie der chronischen Erkrankung, also die Blutarmut, die mit chronischen Entzündungen, Infektionen und Krebs einhergeht. Sie ist die zweithäufigste Form der Anämie und wird oft nicht als solche erkannt. Unklar ist, ob eine Therapie mit Eisen in diesen Fällen nützt – oder ob sie nicht sogar schaden kann. Die Wissenschaftler interessiert aber auch besonders, wie Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Malaria oder Sepsis den Eisenstoffwechsel verändern.
In tropischen Ländern, in denen aufgrund von Mangelernährung besonders viele Kinder zu wenig Eisen aufnehmen, konnte man beobachten, dass jene mit Eisenmangelanämie seltener an Malaria erkranken. Umgekehrt führt chronische Infektion zu Eisenmangel, wobei nicht der Mangel, sondern die fehlende Verfügbarkeit des Metalls im Körper das Problem ist.
Genauso wie unser Körper brauchen auch Mikroben wie Plasmodien, die Erreger der Malaria, Eisen. Es scheint eine evolutionär
der chronischen Erkrankung ist die zweithäufigste Form der Blutarmut. Sie entsteht durch chronische Entzündung oder Krebserkrankungen. Im Gegensatz zum echten Eisenmangel wird hier das Eisen in Immunzellen gespeichert und kann nicht zur Blutbildung verwendet werden. gewachsene Verteidigungsstrategie des Körpers zu sein, das verfügbare Eisen zu drosseln und dem Erreger vorzuenthalten. Ausgelöst durch Entzündungsreaktionen wird das Eisen in Immunzellen gespeichert und weggesperrt. „Wenn wir nun therapeutisch mehr Eisen von außen zuführen, füttern wir den Krankheitserreger sozusagen“, betont Günter Weiss. Er und seine Kollegen arbeiten im Labor an Substanzen, die die Eisenverwertung von Plasmodien und anderen Mikroben blockieren, bei Salmonellen ist ihnen das zum Teil schon gelungen.
Nicht nur Krankheitserreger, auch Tumore brauchen sehr viel Eisen für ihr Wachstum. Auch in diesem Fall stellt sich die Frage, wie eine Substitutionstherapie den Krankheitsverlauf beeinflusst. Deshalb liegt ein weiterer Schwerpunkt des CD-Labors auf der Suche nach Biomarkern, also Substanzen, die rasch Auskunft über das zugrunde liegende Problem geben und Ärzten bei der Therapieentscheidung helfen.