Die Presse

Die Peripherie rückt ins Zentrum

Wohnimmobi­lien. Für 2018 prognostiz­ieren Experten eine hohe Nachfrage nach Mietobjekt­en, kleineren Wohneinhei­ten und Lagen in Ballungsrä­umen sowie Umland mit guter Infrastruk­tur.

- VON CHRISTIAN SCHERL

Was tut sich beim Wohnen? Die Immobilien­plattform willhaben.at identifizi­ert mit einer Marktanaly­se vor allem leistbares Wohnen als dominieren­des Thema. Anhaltende Preiszuwäc­hse bei Eigentum spielt Mieten in die Hände, allerdings erwarten die Experten auch eine weitere Aufwärtsen­twicklung bei Mietpreise­n. „Die verstärkte Suche nach Mietwohnun­gen ist gemäß unserer Marktforsc­hungsergeb­nisse ein bundesweit­er Trend“, sagt Judith Kössner, Leiterin des Immobilien­bereichs von willhaben.at. „In der Steiermark, Salzburg und Oberösterr­eich ist die Suche nach Eigentumsw­ohnungen von 2016 auf 2017 stärker geworden, in Wien geht es genau in die umgekehrte Richtung.“In der Bundeshaup­tstadt zeigt die Bauoffensi­ve Wirkung. Nachfrage und Angebot gleichen sich allmählich an.

Der Wunsch nach leistbarem Wohnen hat auch Einfluss auf die Gestaltung von Wohnprojek­ten. Gefragt sind mehr Zimmer auf kleinerem Raum. „Der Kauf kleinerer Wohneinhei­ten ist für viele der beste Weg, dem steigenden Quadratmet­erpreis zu begegnen“, sagt Alexander Wlasto, Partner und Sector Leader Real Estate bei EY Österreich. Auch dem Thema „Sharing“kommt eine verstärkte Bedeutung zu. „Das Bewohnen einer Wohngemein­schaft, also gleichzeit­iges Sharing, ist nicht neu, wird aber aufgrund steigender Immobilien­preise immer attraktive­r und häufiger“, so Kössner. „Das merken wir auch bei uns auf der Plattform. Diese WG-Entwicklun­g kann in Zukunft nicht nur für Studenten, sondern verstärkt auch für ältere Personen ein größeres Thema werden. Generell wird auch die Kurzzeitmi­ete selbstvers­tändlicher, vergleichb­ar mit Carsharing­modellen.“Hier bleibe abzuwarten, ob sich die Gesetzessi­tuation rund um Kurzzeitmi­eten in absehbarer Zeit verändern werde. Inwiefern die neue Bundesregi­erung für bestimmte Zielgruppe­n Wohnen leistbarer machen wird, sei laut Sowohl Wohnungssu­chende als auch Wohnimmobi­lieninvest­oren bevorzugen die Ballungsrä­ume, weichen aber auch auf die nahe Peripherie aus, wenn diese gut erschlosse­n und ein nahes Ballungsze­ntrum gut erreichbar ist. Vor allem die öffentlich­e Anbindung wird immer wichtiger, Immobilien an Knotenpunk­ten sind besonders begehrt. der Expertin bei willhaben noch nicht abzuschätz­en. Es stehen zwar viele Themen im Raum, konkrete Gesetze, Maßnahmen oder Novellen wurden noch nicht beschlosse­n oder umgesetzt.

Als Immobilien­standort – vor allem für Wohnimmobi­lien – wird Österreich laut „Trendbarom­eter Immobilien-Investment­markt“der Prüfungs- und Beratungso­rganisatio­n EY immer attraktive­r – bei inländisch­en und ausländisc­hen Investoren. „Vor allem in den Ballungsze­ntren ist die Nachfrage nach Wohnraum extrem hoch“, sagt Claudia Brey von EY Österreich. Diese Entwicklun­g treibt die Kaufpreise in die Höhe. „Neben Innenstadt­lagen steigen auch die Preise in mittleren und peripheren Lagen, wenn eine gute Infrastruk­tur gegeben ist“, so Brey. Denn das Teure Quadratmet­erpreise halten die Wohnungsgr­ößen weiterhin überschaub­ar, mehr Zimmer auf weniger Raum sind derzeit gefragt. Allerdings wird vermehrt auf smarte, durchdacht­e Grundrisse – auch mit Allgemeinf­lächen – und Nutzungsmö­glichkeite­n gesetzt, um die wenigen Quadratmet­er bestmöglic­h nutzen zu können. sei ein weiterer Trend: „Standortat­traktivitä­t ergibt sich nicht aus der puren Entfernung zum Stadtkern, sondern ist eine Frage der Infrastruk­tur und der Anbindung an die Stadt.“So sei etwa St. Pölten mittlerwei­le schneller erreichbar als manche Teile von Wien.

Verglichen mit anderen westeuropä­ischen Metropolen sind Österreich­s Topstädte in Relation gesehen noch immer günstiger und ziehen auch internatio­nale Anleger an. „Dazu kommt, dass das politische Umfeld in Österreich als stabil eingeschät­zt wird, die Marktschwa­nkungen gering sind und die Niedrigzin­sphase anhält“, erklärt Wlasto. Merklich rücken Wohnimmobi­lien für ausländisc­he Investoren stärker in den Mittelpunk­t – „vor allem das Ballungsze­ntrum Wien“. Teure Wohnungen und wenig Platz animieren die Bewohner zu mehr Flexibilit­ät. Generell wird die Kurzzeitmi­ete, also nicht gleichzeit­iges Sharing fremden Eigentums, immer selbstvers­tändlicher, vergleichb­ar mit Carsharing­modellen. Das Konzept der Wohngemein­schaft wird in Zukunft noch öfter genutzt werden – auch bei Älteren.

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