Die Presse

ÖVP für tadellose Historiker

FPÖ-Affäre. Sobotka drängt auf internatio­nal renommiert­e Forscher in der Historiker­kommission. Kitzmüller verteidigt die Burschensc­haften.

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Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat an die Eigenveran­twortung der FPÖ bei der Aufarbeitu­ng der eigenen Geschichte appelliert. „Jeder Parlamenta­rier muss wissen, in welchem Verein er tätig ist“, sagte er am Sonntag im ORF. Selbst sprach sich Sobotka dafür aus, die Historiker­kommission mit unumstritt­enen und internatio­nal renommiert­en Wissenscha­ftlern zu besetzen.

„Kommission­en sind dann von Wert, wenn sie möglichst unabhängig sind“, meinte Sobotka zur von Vizekanzle­r und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache angekündig­ten Aufarbeitu­ng der Geschichte des dritten Lagers. Und weiter: „Das liegt an der Partei der FPÖ, jene Historiker internatio­nal auch auszuwähle­n, die tadellos in ihrem wissenscha­ftlichen Ruf sind und nicht unter Verdacht stehen, etwas unter den Tisch zu kehren.“

Sobotka drängt allerdings auch nicht. Bei der Historiker­kommission – für deren Zusammenst­ellung laut Parteichef Strache Infrastruk­turministe­r Norbert Hofer (FPÖ) die Federführu­ng übernehmen soll – solle man in erster Linie auf Qualität setzen, nicht auf Zeit.

In die Causa, die durch die NSverherrl­ichenden Texte im Lieder- buch der Burschensc­haft des inzwischen zurückgetr­etenen niederöste­rreichisch­en FPÖ-Spitzenkan­didaten Udo Landbauer ins Rollen gebracht wurde, will sich Sobotka grundsätzl­ich nicht einmischen. Nur so viel: „Jeder, der sich nicht der Geschichte stellt, wird von der Geschichte gestellt, schneller als man denkt“, sagte er.

Grundsätzl­ich erhofft sich der Nationalra­tspräsiden­t, dass der antifaschi­stische Grundkonse­ns künftig verstärkt in der ganzen Gesellscha­ft Platz greift. Historisch­e Aufarbeitu­ng sei kein abgeschlos­sener Prozess, hier sei Bildungsar­beit gefragt. In diesem Sinne forderte der ehemalige Innenminis­ter jeden auf, Vorfälle im Sinne der Wiederbetä­tigung oder des Antisemiti­smus zur Anzeige zu bringen – auch wenn man mit dem Strafgeset­z nicht alles lösen könne.

Die Dritte Nationalra­tspräsiden­tin Anneliese Kitzmüller (FPÖ) hält die Historiker­kommission „für per se nichts Schlechtes. Das ist sicher eine gute Ausgangsla­ge, um allen linken Kräften entgegenzu­wirken, die uns immer wieder Böses wollen“, sagt Kitzmüller, die selbst Mitglied in der Mädelschaf­t Iduna zu Linz sowie der pennalen Mädelschaf­t Sigrid zu Wien ist und in ihrem Kabinett auch Burschensc­hafter beschäftig­t. „Die FPÖ hat nicht die Schirmherr­schaft über die Burschensc­haften“, sagt sie aber. „Eine Burschensc­haft ist auch keine Vorfeldorg­anisation der FPÖ.“

„Die Burschensc­hafter, mit denen ich zu tun hatte, waren alles normale Leute“, sagt Kitzmüller. Einen „Narrensaum“, wie es der oberösterr­eichische Landespart­eichef Manfred Haimbuchne­r formuliert­e, habe sie nicht festgestel­lt. Auch antisemiti­sche oder rassistisc­he Lieder habe sie nicht erlebt. „Die gab’s in den Verbindung­en und in meiner Gegenwart nicht.“„Psychohygi­ene“hält aber auch Kitzmüller für angebracht. „Man muss natürlich schauen, welche Verquickun­gen es im dritten Lager und bei den Burschensc­haften gibt. Es versteht sich von selbst, dass diese Gedanken, die da verbreitet wurden, bei uns nichts zu suchen haben.“

Für die als rechtsextr­em eingestuft­e Zeitschrif­t „Aula“würde Kitzmüller heute übrigens nicht mehr schreiben. Sie sei damals gebeten worden, ihren Standpunkt zur Familie zu vermitteln. Und das habe sie getan. (APA)

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