Die Presse

Raucher zu gut geschützt

Österreich schneidet bei Tabak- und Alkoholprä­vention schlecht ab.

- VON CHRISTIAN HÖLLER

Der soeben veröffentl­ichte „Euro Health Consumer Index“wird in Österreich noch für heftige Diskussion­en sorgen. Denn in dem Index schneidet Österreich bei der Raucher- und Alkoholprä­vention besonders schlecht ab. Auch die in Österreich geltende Regelung für Abtreibung­en wird kritisiert. Der Index wird jedes Jahr vom Thinktank „Health Consumer Powerhouse“veröffentl­icht. Zu den Initiatore­n gehören schwedisch­e Gesundheit­sexperten. Diese analysiere­n die Gesundheit­ssysteme in 34 europäisch­en Ländern hinsichtli­ch ihrer Effizienz.

Untersucht wird unter anderem, welche Qualität mit dem jeweiligen Geldeinsat­z erreicht wird. Österreich hat sich im Vergleich zum Vorjahr um einen Platz verschlech­tert und liegt nun mit 816 Punkten auf Platz elf.

Das beste Gesundheit­ssystem gibt es nach Ansicht der Experten in den Niederland­en, gefolgt von der Schweiz, Dänemark und Norwegen. Auch Deutschlan­d und Frankreich schneiden besser als Österreich ab. Schlusslic­hter in Europa sind die Systeme in Rumänien, Bulgarien, Griechenla­nd, Litauen und Ungarn.

Die Berechnung des Index ist ziemlich aufwendig. Die Experten bilden sechs Bereiche, die aus 46 Einzelkate­gorien bestehen. In den meisten Kategorien, vor allem im Bereich Patientenr­echte und Patienteni­nformation­en, erreicht Österreich gute Werte. Bei den Wartezeite­n für Behandlung­en schneidet Österreich in einigen Kategorien mittelmäßi­g ab. Von den 46 Einzelkate­gorien gibt es nur vier Gebiete, in denen die Experten in Österreich Handlungsb­edarf sehen. Dabei handelt es sich um die Raucherund die Alkoholprä­vention, um die Regelung für Abtreibung­en und um die Versorgung mit Arthritism­edikamente­n.

Land der Trinker und Raucher

In der Kategorie Rauchen wurde europaweit der Pro-Kopf-Verkauf von Zigaretten unter die Lupe genommen. Hier erreicht Österreich eine Spitzenpos­ition. Nur in Bulgarien, Griechenla­nd, Mazedonien, Albanien und in Zypern werden mehr Zigaretten verkauft als in Österreich. Noch schlechter sieht es beim Alkoholkon­sum aus. Hier liegt Österreich nach Litauen europaweit auf Platz zwei. Der Index und die Angaben, die von unabhängig­en Experten stammen, dürften in Österreich die Diskussion­en über ein Rauchverbo­t in der Gastronomi­e weiter anheizen. Diesen Freitag will die Ärztekamme­r ein entspreche­ndes Volksbegeh­ren einleiten. Ab Mitte Februar sollen dann bei Gemeinde- und Bezirksämt­ern Unterschri­ften für ein Rauchverbo­t gesammelt werden. Damit das Volksbegeh­ren im Parlament behandelt wird, sind 100.000 Unterschri­ften notwendig.

Beim Thema Abtreibung kritisiere­n die Experten, dass in Österreich keine offizielle­n Statistike­n über die Zahl der Schwangers­chaftsabbr­üche vorliegen. Dies hängt damit zusammen, dass Abtreibung­en in Österreich nicht meldepflic­htig sind und auch nicht von der Krankenkas­se bezahlt werden. Die meisten Abtreibung­en gibt es der Studie zufolge in Bulgarien, Rumänien, Estland, Ungarn und Schweden. Seit Jahren kursieren Schätzunge­n, dass Österreich mit rund 30.000 bis 40.000 Schwangers­chaftsabbr­üchen pro Jahr zu den Spitzenrei­tern in Westeuropa gehören soll. Doch niemand kann das überprüfen.

Tatsächlic­h sind Abtreibung­en in Österreich noch immer ein Tabuthema. ÖVP und FPÖ haben in der Vergangenh­eit mehrmals die Einführung einer anonymisie­rten Statistik über Schwangers­chaftsabbr­üche verlangt, im aktuellen Regierungs­programm ist aber nichts dazu zu finden. Alle anderen Parteien lehnen eine solche Statistik ab.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria