Raucher zu gut geschützt
Österreich schneidet bei Tabak- und Alkoholprävention schlecht ab.
Der soeben veröffentlichte „Euro Health Consumer Index“wird in Österreich noch für heftige Diskussionen sorgen. Denn in dem Index schneidet Österreich bei der Raucher- und Alkoholprävention besonders schlecht ab. Auch die in Österreich geltende Regelung für Abtreibungen wird kritisiert. Der Index wird jedes Jahr vom Thinktank „Health Consumer Powerhouse“veröffentlicht. Zu den Initiatoren gehören schwedische Gesundheitsexperten. Diese analysieren die Gesundheitssysteme in 34 europäischen Ländern hinsichtlich ihrer Effizienz.
Untersucht wird unter anderem, welche Qualität mit dem jeweiligen Geldeinsatz erreicht wird. Österreich hat sich im Vergleich zum Vorjahr um einen Platz verschlechtert und liegt nun mit 816 Punkten auf Platz elf.
Das beste Gesundheitssystem gibt es nach Ansicht der Experten in den Niederlanden, gefolgt von der Schweiz, Dänemark und Norwegen. Auch Deutschland und Frankreich schneiden besser als Österreich ab. Schlusslichter in Europa sind die Systeme in Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Litauen und Ungarn.
Die Berechnung des Index ist ziemlich aufwendig. Die Experten bilden sechs Bereiche, die aus 46 Einzelkategorien bestehen. In den meisten Kategorien, vor allem im Bereich Patientenrechte und Patienteninformationen, erreicht Österreich gute Werte. Bei den Wartezeiten für Behandlungen schneidet Österreich in einigen Kategorien mittelmäßig ab. Von den 46 Einzelkategorien gibt es nur vier Gebiete, in denen die Experten in Österreich Handlungsbedarf sehen. Dabei handelt es sich um die Raucherund die Alkoholprävention, um die Regelung für Abtreibungen und um die Versorgung mit Arthritismedikamenten.
Land der Trinker und Raucher
In der Kategorie Rauchen wurde europaweit der Pro-Kopf-Verkauf von Zigaretten unter die Lupe genommen. Hier erreicht Österreich eine Spitzenposition. Nur in Bulgarien, Griechenland, Mazedonien, Albanien und in Zypern werden mehr Zigaretten verkauft als in Österreich. Noch schlechter sieht es beim Alkoholkonsum aus. Hier liegt Österreich nach Litauen europaweit auf Platz zwei. Der Index und die Angaben, die von unabhängigen Experten stammen, dürften in Österreich die Diskussionen über ein Rauchverbot in der Gastronomie weiter anheizen. Diesen Freitag will die Ärztekammer ein entsprechendes Volksbegehren einleiten. Ab Mitte Februar sollen dann bei Gemeinde- und Bezirksämtern Unterschriften für ein Rauchverbot gesammelt werden. Damit das Volksbegehren im Parlament behandelt wird, sind 100.000 Unterschriften notwendig.
Beim Thema Abtreibung kritisieren die Experten, dass in Österreich keine offiziellen Statistiken über die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche vorliegen. Dies hängt damit zusammen, dass Abtreibungen in Österreich nicht meldepflichtig sind und auch nicht von der Krankenkasse bezahlt werden. Die meisten Abtreibungen gibt es der Studie zufolge in Bulgarien, Rumänien, Estland, Ungarn und Schweden. Seit Jahren kursieren Schätzungen, dass Österreich mit rund 30.000 bis 40.000 Schwangerschaftsabbrüchen pro Jahr zu den Spitzenreitern in Westeuropa gehören soll. Doch niemand kann das überprüfen.
Tatsächlich sind Abtreibungen in Österreich noch immer ein Tabuthema. ÖVP und FPÖ haben in der Vergangenheit mehrmals die Einführung einer anonymisierten Statistik über Schwangerschaftsabbrüche verlangt, im aktuellen Regierungsprogramm ist aber nichts dazu zu finden. Alle anderen Parteien lehnen eine solche Statistik ab.