Donald Trump regt zu einem „neuen Denken“an
Die US-Linke beginnt sich mit dem Präsidenten abzufinden. Auch, weil ihr ein Gegenmodell zu seiner Politik fehlt.
Nur 37 Prozent der Amerikaner sind nach einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Pew zufrieden mit der Amtsführung von Donald Trump. Kein anderer Präsident hat nach einem Jahr im Amt je so niedrige Umfragewerte gehabt. 41 Prozent glauben, er wird ein erfolgloser Präsident sein, doppelt so viele wie noch vor einem Jahr. Viel weniger Befragte als noch bei seiner Amtseinführung erwarten, dass er seine Versprechungen einhalten werde.
Die „New York Times“, das Zentralorgan der Anti-Trump-Publizistik, klammern sich an solche Umfragen, um eine Bestätigung für das verheerend negative Bild zu finden, das ihre Editorials und die Artikel ihrer berühmten Kolumnisten vom konservativen erzkatholischen Ross Douthat bis zum jüdischen Roger Cohen jeden Tag seit dem 20. Jänner 2017 vom Präsidenten zeichnen. Aber seit der ersten State-of-the-Union-Botschaft Trumps vergangene Woche ist die Zeitung sichtlich irritiert. Sie kennt sich nicht mehr recht aus. In den Analysen dieser Rede wirkte das sonst so selbstsichere Blatt plötzlich verunsichert.
Die tiefe Ratlosigkeit der linksliberalen Intelligentsia in den USA über das Phänomen Trump ist geradezu verkörpert in Hans-Ulrich Gumbrecht: ein deutscher Literaturwissenschaftler in Stanford, unendlich stolz, US-Staatsbürger zu sein, zunächst hymnischer Bewunderer, dann zunehmend skeptischer Verehrer von Barack Obama. Einen Beitrag über Trump beendet er mit folgenden Sätzen: „Die Furcht vor gravierenden Krisen sollte gerade uns Intellektuelle nicht von der Pflicht entbinden, die eigenen Überzeugungen und Erwartungen zu revidieren, mit denen wir auf Trumps Wahl reagiert hatten. (Anmerkung: Sie waren nur negativ.) Denn es könnte sein, dass Trump als Alternative zur klassischen Politik agiert. Trump gibt uns jedenfalls vielfältige Anlässe zu neuem Denken.“
Nach allen Maßstäben bisheriger Politik ist Donald Trump ungeeignet für sein Amt. Das ist in unzähligen Zeitungsartikeln analysiert worden. Mögliche moralische Defizite sollen hier nicht in die Beurteilung einbezogen werden. John F. Kennedy ist nach wie vor eine Art Märchenprinz im Weißen Haus, und Bill Clinton gilt als tüchtiger und erfolgreicher Präsident. Die drei betroffenen Ehefrauen zeichneten beziehungsweise zeichnen sich jedenfalls durch außergewöhnliche Haltung in ihrer beschämenden Lage aus.
Aber vielleicht gelten diese Maßstäbe überhaupt nicht mehr? „Trump funktioniert“jedenfalls, konstatiert Gumbrecht ei-