Das System Uber für Privatjets
Luftfahrt. Das österreichische Startup Jetclass will mit kleinen Flugzeugen die Preise in der Business Class auf mehreren Strecken unterbieten und damit Geschäftsreisende gewinnen.
„Guten Morgen, ich bin Ihr Pilot!“Der Satz kommt nicht über den Bordlautsprecher – und kurz darauf schütteln die Passagiere dem Captain sogar die Hand. Nachdem die Trolleys im Gepäckraum der Cessna Citation verräumt sind, hebt das Flugzeug mit seinen sechs Passagiersitzen ab. Dass dieses Fluggefühl nicht unerschwinglich sein muss, das möchte Jetclass zeigen. Seit vergangenem Jahr bietet das Unternehmen mit Sitz in Wien Flüge mit Businessjets an, „die nicht nur für Superreiche da sein sollen“, wie Mitgründer Wagas Ali erzählt, „sondern vor allem Geschäftsreisende bedienen.“
Dort, wo Tickets teuer sind „und das Service schlecht ist“, wie Ali meint, da will Jetclass hinein. „Unsere Zielgruppe sind Kunden, die auch mal bereit sind, 10 Prozent mehr zu zahlen, aber dafür mit uns zu fliegen.“In manchen Fällen will man die Business Class sogar noch unterbieten. Vergleichbar etwa mit Uber, der mit einem ähnlichen Modell die Taxibranche angegriffen hat. Funktionieren soll das mit einer eigens programmierten Software, dem Jetclass Markt- scanner. Der sucht sich aus verschiedenen Quellen im Netz die Entwicklung der Preise von Business-Class-Flügen zusammen und überprüft, wo man mit dem Privatjet einen Preis unterbieten könnte. Auf dieser Basis wird ein fixer Flugplan zusammengestellt. Gebucht werden kann online über das eigene Portal www.jetclass.com oder über Flugsuchmaschinen wie checkfelix. Eine Mitgliedsgebühr für die Passagiere gibt es nicht.
Erfahrung mit der Branche haben die Gründer, Wagas Ali und Vladislav Zenov, bereits mit der App „Charterscanner“gesammelt, die Privaten ermöglicht, ohne Zwischenstufe über Vermittler oder Broker Privatjets zu buchen – und damit die Vermittlungsgebühren zu sparen. Das neue Service soll nun auch eine gewisse Regelmäßigkeit und Planbarkeit einbringen. Begonnen hat es mit der Verbindung Nizza-Olbia. „Da gab es keine direkte Verbindung“, sagt Wagas Ali. „Und wir hatten eine Auslastung von 100 Prozent.“Zum Teil war man sogar mit zwei Flugzeugen unterwegs. „Das ist unser Vorteil – wenn die Nachfrage hoch ist, können wir zwei Flieger einsetzen oder einen größeren.“Im Portfolio hat man Flieger mit vier, sechs, acht und bis zu 15 Sitzen – wobei aus wirtschaftlicher Sicht die Nutzung von Achtsitzern für Jetclass optimal ist.
Von Wien aus bot man vergangenes Jahr die Strecke nach Warschau an, mit Februar 2018 nahm man stattdessen Wien-Zürich ins Programm auf, vorerst zwei Mal pro Woche mit der Option, die Frequenz zu erhöhen. Damit sei man den Wünschen von Kunden nachgekommen. Insgesamt bietet man derzeit 15 verschiedene Routen an. Von Zürich aus geht es etwa nach München, Mailand, Luxemburg und Brüssel. Ein One-way-Flug von Wien nach Zürich kommt derzeit auf 390 Euro. Die Kalkulation dahinter: „Wir chartern eine Maschine, teilen durch die Sitze und verkaufen die dann mit einem Aufschlag.“Noch sind es Promopreise – mit steigendem Erfolg, so die Hoffnung, sollen die Einkaufspreise niedriger werden, sodass man auch mit dieser Summe kostendeckend kalkulieren kann.
Die Vorausbuchbarkeit liegt bei maximal zwei bis drei Monaten. Sobald ein Passagier gebucht hat, findet der Flug auf jeden Fall statt. Danach geht es darum, möglichst viele der weiteren Sitze zu füllen. Und darum, dass man auch gleich weitere Flüge mit der Maschine durchführen kann, es keine „Empty legs“gibt – also der Flieger wieder leer zurückfliegt. Das komme ansonsten recht häufig vor – 30 bis 40 Prozent der Privatflüge seien leer unterwegs. Hier will man durch softwaregestützte Planung die Effizienz erhöhen.
Jetclass selbst tritt nur als Vermittler auf, die Maschinen werden von mehr als 200 Operatoren betrieben. Auch für die soll sich die Zusammenarbeit mit Jetclass rentieren, indem sie etwa häufiger gebucht werden. Die Finanzierung des Projekts erfolgt durch russische Investoren, die auch schon bei Charterscanner beteiligt sind. In zwei Jahren soll der Break Even erreicht sein.
Für die Zukunft hat man auch schon große Pläne: So will man bei der Online-Flugsuche eine eigene Kategorie etablieren – so dass man künftig nicht nur Economy, Business und First, sondern auch gleich Jet Class buchen kann.