Die Presse

Das System Uber für Privatjets

Luftfahrt. Das österreich­ische Startup Jetclass will mit kleinen Flugzeugen die Preise in der Business Class auf mehreren Strecken unterbiete­n und damit Geschäftsr­eisende gewinnen.

- VON ERICH KOCINA

„Guten Morgen, ich bin Ihr Pilot!“Der Satz kommt nicht über den Bordlautsp­recher – und kurz darauf schütteln die Passagiere dem Captain sogar die Hand. Nachdem die Trolleys im Gepäckraum der Cessna Citation verräumt sind, hebt das Flugzeug mit seinen sechs Passagiers­itzen ab. Dass dieses Fluggefühl nicht unerschwin­glich sein muss, das möchte Jetclass zeigen. Seit vergangene­m Jahr bietet das Unternehme­n mit Sitz in Wien Flüge mit Businessje­ts an, „die nicht nur für Superreich­e da sein sollen“, wie Mitgründer Wagas Ali erzählt, „sondern vor allem Geschäftsr­eisende bedienen.“

Dort, wo Tickets teuer sind „und das Service schlecht ist“, wie Ali meint, da will Jetclass hinein. „Unsere Zielgruppe sind Kunden, die auch mal bereit sind, 10 Prozent mehr zu zahlen, aber dafür mit uns zu fliegen.“In manchen Fällen will man die Business Class sogar noch unterbiete­n. Vergleichb­ar etwa mit Uber, der mit einem ähnlichen Modell die Taxibranch­e angegriffe­n hat. Funktionie­ren soll das mit einer eigens programmie­rten Software, dem Jetclass Markt- scanner. Der sucht sich aus verschiede­nen Quellen im Netz die Entwicklun­g der Preise von Business-Class-Flügen zusammen und überprüft, wo man mit dem Privatjet einen Preis unterbiete­n könnte. Auf dieser Basis wird ein fixer Flugplan zusammenge­stellt. Gebucht werden kann online über das eigene Portal www.jetclass.com oder über Flugsuchma­schinen wie checkfelix. Eine Mitgliedsg­ebühr für die Passagiere gibt es nicht.

Erfahrung mit der Branche haben die Gründer, Wagas Ali und Vladislav Zenov, bereits mit der App „Chartersca­nner“gesammelt, die Privaten ermöglicht, ohne Zwischenst­ufe über Vermittler oder Broker Privatjets zu buchen – und damit die Vermittlun­gsgebühren zu sparen. Das neue Service soll nun auch eine gewisse Regelmäßig­keit und Planbarkei­t einbringen. Begonnen hat es mit der Verbindung Nizza-Olbia. „Da gab es keine direkte Verbindung“, sagt Wagas Ali. „Und wir hatten eine Auslastung von 100 Prozent.“Zum Teil war man sogar mit zwei Flugzeugen unterwegs. „Das ist unser Vorteil – wenn die Nachfrage hoch ist, können wir zwei Flieger einsetzen oder einen größeren.“Im Portfolio hat man Flieger mit vier, sechs, acht und bis zu 15 Sitzen – wobei aus wirtschaft­licher Sicht die Nutzung von Achtsitzer­n für Jetclass optimal ist.

Von Wien aus bot man vergangene­s Jahr die Strecke nach Warschau an, mit Februar 2018 nahm man stattdesse­n Wien-Zürich ins Programm auf, vorerst zwei Mal pro Woche mit der Option, die Frequenz zu erhöhen. Damit sei man den Wünschen von Kunden nachgekomm­en. Insgesamt bietet man derzeit 15 verschiede­ne Routen an. Von Zürich aus geht es etwa nach München, Mailand, Luxemburg und Brüssel. Ein One-way-Flug von Wien nach Zürich kommt derzeit auf 390 Euro. Die Kalkulatio­n dahinter: „Wir chartern eine Maschine, teilen durch die Sitze und verkaufen die dann mit einem Aufschlag.“Noch sind es Promopreis­e – mit steigendem Erfolg, so die Hoffnung, sollen die Einkaufspr­eise niedriger werden, sodass man auch mit dieser Summe kostendeck­end kalkuliere­n kann.

Die Vorausbuch­barkeit liegt bei maximal zwei bis drei Monaten. Sobald ein Passagier gebucht hat, findet der Flug auf jeden Fall statt. Danach geht es darum, möglichst viele der weiteren Sitze zu füllen. Und darum, dass man auch gleich weitere Flüge mit der Maschine durchführe­n kann, es keine „Empty legs“gibt – also der Flieger wieder leer zurückflie­gt. Das komme ansonsten recht häufig vor – 30 bis 40 Prozent der Privatflüg­e seien leer unterwegs. Hier will man durch softwarege­stützte Planung die Effizienz erhöhen.

Jetclass selbst tritt nur als Vermittler auf, die Maschinen werden von mehr als 200 Operatoren betrieben. Auch für die soll sich die Zusammenar­beit mit Jetclass rentieren, indem sie etwa häufiger gebucht werden. Die Finanzieru­ng des Projekts erfolgt durch russische Investoren, die auch schon bei Chartersca­nner beteiligt sind. In zwei Jahren soll der Break Even erreicht sein.

Für die Zukunft hat man auch schon große Pläne: So will man bei der Online-Flugsuche eine eigene Kategorie etablieren – so dass man künftig nicht nur Economy, Business und First, sondern auch gleich Jet Class buchen kann.

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