Die Presse

Ministerin: Kleine Betriebe nicht dem freien Markt überlassen

Landwirtsc­haft. Österreich­s Bauern bekommen zwei Milliarden Euro im Jahr von der öffentlich­en Hand. EU-Kommissar Günther Oettinger kündigte unlängst Kürzungen an. Die zuständige Ministerin, Elisabeth Köstinger, fordert eine Umverteilu­ng der Mittel von gro

- VON JEANNINE BINDER

Grundsätzl­ich steht die türkis-blaue Regierung Subvention­en ja eher kritisch gegenüber. Anders ist das mit dem EU-Geld für Österreich­s Bauern. Diese Förderunge­n dürfen nicht gekürzt werden, so Elisabeth Köstinger (ÖVP), die als Nachhaltig­keitsminis­terin auch die Landwirtsc­haft zu ihren Agenden zählt, am Donnerstag.

Hintergrun­d ist die Ankündigun­g von EU-Haushaltsk­ommissar Günther Oettinger, dass sich die Bauern in der EU auf weniger Geld aus Brüssel einstellen müssten. Wegen des Brexit fehlen im EUBudget ab 2021 voraussich­tlich bis zu 14 Milliarden Euro an britischen Beiträgen. Die Kommission plane, die Agrar- und Kohäsions- fonds jeweils um fünf bis zehn Prozent zu kürzen, sagte Oettinger zur „Welt am Sonntag“. Es werde zwar keinen Kahlschlag geben. Aber „auch“deutsche Bauern müssten sich auf weniger Geld einstellen, so der Politiker mit Blick in sein Herkunftsl­and. Dasselbe dürfte früheren Ankündigun­gen zufolge allen Landwirten in der EU blühen.

Förderung für Konsumente­n

Köstinger plädiert für eine Umverteilu­ng der Mittel von Groß- zu Kleinbetri­eben. Und vertritt damit eine traditione­ll österreich­ische Position. Weil Österreich­s Landwirtsc­haft klein strukturie­rt ist, setzen sich heimische Agrarpolit­iker stets für Obergrenze­n für Großbetrie­be ein: Ein durchschni­ttlicher österreich­ischer Betrieb bewirt- schaftet 19, ein deutscher 58 Hektar Land. Etwa zwei Drittel der Bauerneink­ommen in Österreich kommen von der öffentlich­en Hand. Vor allem viele Bergbauern müssten ohne Subvention­en zusperren. „Diese Betriebe können wir nicht dem freien Markt überlassen“, sagt Köstinger. Aktuell bekommt die heimische Landwirtsc­haft rund zwei Milliarden Euro jährlich an nationalen und EU-Förderunge­n.

Zu Recht, findet Köstinger. Zumal die Agrarzahlu­ngen in hohem Ausmaß eine Förderung für die Konsumente­n seien und weniger für die Bauern. Nur wegen der Sub- ventionen sei es möglich, dass Lebensmitt­el zu so günstigen Preisen verkauft würden, wie es derzeit der Fall sei. „Das ist eine Systemfrag­e.“Man könne schon darüber diskutiere­n, das System umzustelle­n. Aber dann müsse man auch die Frage stellen, wie Lebensmitt­el dauerhaft leistbar bleiben.

Apropos Preise: Wie die meisten Funktionär­e in der Branche hat Köstinger wenig Freude mit den österreich­ischen Handelsket­ten. Sie kritisiert die Marktmacht der drei großen Supermarkt­ketten (Rewe, Spar und Hofer) und wirft ihnen „unlautere Geschäftsp­raktiken“vor.

Sinke der Milchpreis, sei das sofort auf dem Abrechnung­szettel der Bauern zu sehen. Steige er, dauere es oft Monate, bis die Bauern das spüren. Irgendwo seien da die Margen, an denen jemand verdient. „Die Bauern sind es nicht“, so Köstinger. Rewe und Spar kommen zusammen auf einen Marktantei­l von 64 Prozent, inklusive Hofer sind es rund 85 Prozent.

„Geiz ist geil“stark verankert

Auch die EU-Kommission habe sich dieses Themas angenommen, so die Ministerin. Die Behörde werde im Mai Vorschläge präsentier­en, wie sich diese Marktmacht eindämmen lasse, so Köstinger. Sie appelliert auch an die Konsumente­n: Die „Geiz ist geil“-Mentalität sei in Österreich stark verankert.

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[ APA ] Nachhaltig­keitsminis­terin Elisabeth Köstinger.

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