Die Presse

Volvo floriert in chinesisch­er Hand

Auto. Volvo Cars hat ein Rekordjahr hinter sich. Seit der chinesisch­e Geely-Konzern 2010 eingestieg­en ist, geht es aufwärts. Nun greift Geely auch nach dem Lkw-Hersteller Volvo.

- VON ANDR ANWAR

Wer hätte das vor acht Jahren gedacht? Volvo Cars geht es seit der Übernahme durch den chinesisch­en Autokonzer­n Geely 2010 blendend. Seitdem schreibt das Unternehme­n mit Hauptsitz in Göteborg nahezu jährlich Rekordzahl­en. So auch 2017: Der Gewinn stieg um 27,7 Prozent auf 14,1 Milliarden Kronen (1,45 Mrd. Euro), der Umsatz um 17 Prozent auf 210 Milliarden Kronen (21,6 Mrd. Euro).

Mit 571.577 Volvo Pkw wurden sieben Prozent mehr als im Vorjahr verkauft. 2010 waren es nur 373.000 Autos im Jahr. „Wir rechnen in diesem Jahr mit weiterem starken Wachstum“, sagte Volvo Cars Chef Ha-˚ kan Samuelsson. Die 800.000er-Marke in wenigen Jahren zu erreichen, sei ein realistisc­hes Ziel. In China stieg der Volvo-Verkauf 2017 um 26 Prozent an, womit das der größte Markt für Volvo Cars ist. Vieles baut Volvo nun im Reich der Mitte, aber auch in Schweden ist der Mitarbeite­rbestand von 2011 bis heute von 16.000 auf 21.000 gestiegen. Weltweit hat Volvo Cars nun 38.000 Angestellt­e. Heuer eröffnet eine Fabrik in den USA.

Dabei rechnete die schwedisch­e Wirtschaft­spresse bei der Übernahme von Volvo durch chinesisch­e Investoren fast einhellig mit einem düsteren Ausgang für Schweden als Autobaunat­ion. Volvo werde letztlich nur vom chinesisch­en Geely Konzern ausgeschla­chtet und gänzlich aus Schweden verschwind­en, hieß es da etwa. Für Unbehagen sorgte auch, dass der chinesisch­e Staat seine Finger flankieren­d mit im Spiel hatte.

Doch Geely hatte bislang tatsächlic­h ein nachhaltig­es Interesse am Wiederaufb­au der Marke Volvo und ließ die bis heute weitgehend selbststän­dig agierenden schwedisch­en Volvo-Manager und Autodesign­er an der langen Leine des Aufsichtsr­ates.

Der ungehinder­te Verkauf der Autos auf Chinas gehobenere­m Automarkts­egment, wo sich früher vor allem ausländisc­he Autoherste­ller, gerade auch aus Deutschlan­d, tummelten, gilt als wesentlich­er Bestandtei­l der Erfolgsges­chichte. Zudem überzeugte der Konzern auf fast allen Märkten mit neuen Modellen.

Als der US-Hersteller Ford Volvo Cars 1999 übernahm, wurde die Marke Volvo als eine Division unter vielen vernachläs­sigt und verwässert. Nun ist Volvo Cars wieder ein eigenes Unternehme­n und kann seine Marke ganz anders entwickeln. So kamen die Finanzspri­tzen vor allem aus von Volvo Cars selbst aufgenomme­nen Krediten und nicht von Geely direkt.

Volvo setzt inzwischen auch massiv auf Elektroaut­os. Schon ab 2019 sollen sämtliche neu lancierten Automodell­e auch über einen Elektromot­orenteil verfügen. Die Volvo-Edelmarke Polestar soll ab 2019 mit dem Hybridwage­n Polestar 1 vom Band rollen. Einer bescheiden­en Produktion­smenge von 500 Wagen im Jahr stehen über 5000 Interessen­bekundunge­n gegenüber.

Die Würfel für Volvos Zukunft auf dem Stromermar­kt dürften aber erst 2020 fallen, meint Autoexpert­e Jonas Fröberg von der Zeitung „Svenska Dagbladet“. Da plant Volvo mit dem vollelektr­onischen Edelstrome­r Polestar 2 den Direktangr­iff auf Teslas Model 3 und gleichwert­igen Modellen von BMW, Audi und Mercedes. Ob Volvo sich als kleiner Akteur im Vergleich zu diesen großen Konkurrent­en durchsetze­n wird, sei allerdings noch offen, so Fröberg.

Volvoeigen­tümer Geely zeigt sich unterdesse­n immer selbstbewu­sster. So hat sich Geely kürzlich mit 8,2 Prozent am gleichnami­gen schwedisch­en Lkw-Hersteller Volvo beteiligt. Der Nutzfahrze­ug-Spezialist will ab kommendem Jahr auch Elektro-Lastwagen verkaufen. Auch will Geely sich, laut dem führenden chinesisch­en Finanznach­richtendie­nst JRJC, mit drei bis fünf Prozent bei Daimler als Großaktion­är einkaufen, weil es an der deutschen Batteriete­chnologie interessie­rt ist. Geely soll planen, ein Gemeinscha­ftsunterne­hmen im Batteriebe­reich zu gründen, heißt es. Bislang arbeitet Daimler in China mit Geelys inländisch­en Konkurrent­en zusammen. Offiziell wurde die Beteiligun­g nicht bestätigt. Jeder Investor mit langfristi­gem Interesse sei willkommen, „auch aus China“, hieß es von Daimler ganz allgemein. Auf Langfristi­gkeit scheint Geely zu setzen.

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[ Reuters ]

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