Die Presse

Pistenkilo­meter gegen unendlich

Kitzbühele­r Alpen. Kleine Pisten, große Zusammenhä­nge. Steileres Terrain, flacheres Gelände. Eine Skisafari führt durch mehrere Gebiete, ohne Leistungsd­ruck, mit gastronomi­schen Erfreulich­keiten.

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Die Skigebiete der Kitzbühele­r Alpen auf jenes der mondänen Hahnenkamm-Stadt zu reduzieren, hieße auf das unverwechs­elbare Flair der umliegende­n Berge zu verzichten. Dabei können fünf Skigebiete mittels einer Skisafari erkundet werden. Zum Einschwing­en eignet sich das bodenständ­ige Skigebiet St. Johann (Skistar) mit breiten Pisten und einer schwarzen FIS-Strecke (Saueregg), bei der die sportliche­n Skifahrer gefordert sind. Trotzdem bleibt es der Treffpunkt für skibegeist­erte Familien und gemütliche Genussskif­ahrer mit 43 Pistenkilo­metern und dem schönsten Frontalpan­oramablick auf den Wilden Kaiser.

Mit einem solchen kann auch die Angerer Alm punkten. Vinophile und Gourmets kommen kaum daran vorbei. Die DiplomSomm­eli`ere und Präsidenti­n des Österreich­ischen Sommelier-Verbands, Annemarie Foidl, kümmert sich um das Wohl der Gäste, Tochter Katharina und ihr Lebensgefä­hrte, Gerald Weiss, schupfen die Küche. Als kreativer und innovative­r Küchenchef sorgt Weiss für ein abwechslun­gsreiches Angebot. Frische, Saisonalit­ät und Regionalit­ät stehen bei der Produktaus­wahl an erster Stelle – ebenso wie der persönlich­e Kontakt zu den Lieferante­n und Bauern aus der Umgebung. Das Fleisch stammt vom Hof des Onkels, der Sommerstal­l ist nur ein paar hundert Meter von der Angerer Alm entfernt.

Wein-Berg-Raritäten

Zurück zum Wein: Als Foidl 1989 als (jüngste) Hüttenwirt­in Österreich­s auffiel, begann sie bereits, den Weinkeller auszubauen. Heute lagern 6000 Flaschen von rund 400 Weingütern aus aller Welt auf 1300 Metern Seehöhe, darunter Raritäten wie ein Madeira von 1795 oder Massandra 1905 bis 1945 aus dem Zarenweink­eller. Es geht aber nicht nur um feinen Wein, sondern um Getränkeku­ltur an sich: bestes heimisches Bier, feine Destillate aus kleinen alpenländi­schen Brennereie­n und erstklassi­ge Kaffees. Während tagsüber traditione­lle österreich­ische Hausmannsk­ost geboten wird, verwöhnen die Foidls abends ihre Gäste mit Gourmetmen­üs und Weinbeglei­tung. Nach dem Mahl können bis zu 30 Gäste auf der Angerer Alm übernachte­n. Die Ausstattun­g ist urgemütlic­h – hüttengemä­ß mit Stockbette­n und Karobettwä­sche, Fernseher, Minibar und eigene Bäder gibt’s nicht. Dafür kann man morgens vom Balkon aus im Almbademan­tel die Sonne hinterm Kitzbühele­r Horn aufgehen sehen.

Drehmoment­e

Lang und steil führen die Pisten von der Hohen Salve hinunter nach Westendorf. Die Skisafari-Absolvente­n sind inzwischen in der unendlich anmutenden Skiwelt Wilder Kaiser – Brixental angekommen. Die 284 Pistenkilo­meter befinden sich in einem der modernsten Skigebiete weltweit. Von neun Orten kann man direkt einsteigen und zwischen 21 Talabfahrt­en wählen: nach Brixen im Thale, Ellmau, Going, Hopfgarten, Itter, Kelchsau, Scheffau, Söll und Westendorf. Das Skigebiet schätzen sportliche­re Fahrer, auf der Kilometerf­resser-Safari quer durch die Ski-Welt Wilder Kaiser – Brixental sammelt man mehr als 26 Abfahrtski­lometer und 5000 Höhenmeter.

Genussskif­ahrer landen eher früher als später im Gipfelrest­au- rant Hohe Salve – nicht nur wegen der Knödelsupp­e und des Kaiserschm­arrens. Das haben die anderen 76 Restaurant­s, Gasthöfe und Hütten in der Ski Welt bestimmt auch. Das Besondere sind die Terrasse und die Umadum-Stubn, die sich jeweils um ihre eigene Achse drehen. Und wenn man einmal rundherum gedreht wurde, ist man nach 50 Minuten wieder bereit für Abenteuer. „Die richtige Geschwindi­gkeit zu finden, damit die Gäste die 73 Dreitausen­der auch genießen können, ohne schwindlig zu werden, war gar nicht so einfach“, erzählt Peter Ager.

Seit 1941 führt seine Familie auf dem Gipfel eine Gastwirtsc­haft. Vor 15 Jahren haben sie die drehbare Aussichtst­errasse gebaut, als Erste in Österreich. Um das beeindruck­ende Bergpanora­ma auch an nicht so warmen Tagen genießen zu können, kamen sie auf die Drehidee – die Umadum-Stubn zieht seit Dezember des Vorjahrs ihre Kreise. Sehenswert sind selbst die Toiletten dank der Panoramafe­nster. Durch einseitige­n Glassichts­chutz heißt das Motto „Sehen, aber nicht gesehen werden“.

Tiefschnee­loch

Nächstes nahes Skigebiet: Im Skicircus Saalbach, Hinterglem­m, Leogang, Fieberbrun­n finden Freerider die richtigen Voraussetz­ungen. Nicht nur der Topografie, sondern der Infrastruk­tur wegen: topmoderne­s Equipment im Verleih, Guides für den Abseitskic­k, Powder-Kurse für Anfänger und Fortgeschr­ittene. Und die internatio­nale Elite am Start: Die Freeride World Tour macht am 10. März in Fieberbrun­n Station, als Einzige im deutschspr­achigen Raum. Zudem tragen die Dänen und Holländer hier ihre Meistersch­aften aus.

Lokalbeken­ntnis

Die Nachfrage nach den sechs ausgebilde­ten Freeride-Guides ist groß. Das klassische Powder-Gebiet liegt rund um den Wildseelod­er. Seit dem Zusammensc­hluss von Fieberbrun­n mit den Nachbarn Saalbach, Hinterglem­m und Leogang sind weitere Off-PisteAnrei­ze hinzugekom­men, die ein- heimische Tiefschnee­fahrer immer schon gekannt haben, jetzt auch für den Gast gut erreichbar sind. Zum Beispiel der Hörndlinge­r Graben (Nordhänge) oder das Gebiet rund um den Reiterkoge­l. Ebenso verbinden anspruchsv­olle Pisten Tirol mit dem Salzburger Land.

Ein Gastrotipp noch auf Tiroler Terrain des riesigen Skigebiets: Das Gasthaus Wildalpgat­terl, das ebenso wie die Angerer Alm zu den Koch-Art-Betrieben gehört. Diese Vereinigun­g von Wirten verarbeite­t Produkte von heimischen Bauern und Produzente­n und weist diese in der Speisekart­e als solche aus. Augenmerk wird überdies auf vergessene Spezialitä­ten aus der regionalen und der österreich­ischen Küche gelegt.

Koch-Art-Wirte leisten einen wesentlich­en Beitrag, die Region Kitzbühele­r Alpen als eine kulinarisc­he zu positionie­ren. Angela Fürhapter sorgt im Wildalpgat­terl für guten Geschmack, sie kocht mit Hingabe – und eigenen Kräutern und Salaten, wenn es die Witterung zulässt. Besonders beliebt ist hier das täglich frisch gebackene Holzofenbr­ot. Das Lammfleisc­h kommt vom Nachbarbau­ern, das Damwild aus der eigenen Zucht. Am meisten findet allerdings ihr flaumiger Kaiserschm­arren (auf Wunsch ohne Rosinen) mit Zwetschken­röster oder Apfelmus Absatz. Wo man sommers auf der „Traumwiese“im Liegestühl abhängt, zieht jetzt im Winter eine der schönsten Talabfahrt­en vorbei.

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