Medien boykottieren Duma
Belästigung. Ethikkommission verteidigt Abgeordneten.
Als Reaktion auf Belästigungsvorwürfe gegen einen russischen Abgeordneten haben mehrere Medien ihre Korrespondenten aus dem russischen Parlament abgezogen. Vor der Präsidentenwahl waren Vorwürfe gegen den Abgeordneten der Liberaldemokraten, Leonid Slutzkij, laut geworden. Mehrere Journalistinnen erklärten, dass der Abgeordnete sie in den vergangenen Jahren verbal und körperlich belästigt habe. Sie reichten Klagen in der Ethikkommission der Duma ein; diese versprach, den Vorwürfen nach dem Wahlsonntag nachzugehen.
Nun will die Ethikkommission der Duma kein Fehlverhalten Slutzkijs festgestellt haben. Daher wollen mehrere Medien aus Protest dem Parlament kein Forum mehr für Berichterstattung bieten. Dazu gehören angesehene Zeitungen wie „Kommersant“, „RBK“, „Wedomosti“, die Fernsehstationen Doschd und RTVI sowie bekannte Internetpublikationen wie lenta.ru und znak.com. Auch das traditionsreiche Radio Echo Moskwy ist unter den Boykottteilnehmern. Der gemeinsame spöttische Tenor: Sowieso passiere in der Duma recht selten etwas Interessantes.
Der Protest gegen sexuelle Belästigung ist in der russischen Medienlandschaft ungewöhnlich. Häufig werden sexuelle Übergriffe zur Normalität erklärt oder Opfer lächerlich gemacht. (som)