Auch Brittens Klavierkonzert kann zünden
Die Wiener Symphoniker unter Jakub Hru˚ˇsa und mit Leif Ove Andnes als Solisten im Musikverein.
Eine Solistenlaufbahn kann rascher zu Ende gehen als erwartet. Wie bei Benjamin Britten. Bereits nach der Uraufführung seines Klavierkonzerts erkannte er, dass er den nervlichen Herausforderungen an einen Solisten nicht gewachsen ist. Deswegen trat der exzellente Pianist nur mehr als Kammermusiker auf.
Populär ist Brittens viersätziges Klavierkonzert bis heute nicht. Er nannte es ein „Bravourkonzert mit Orchesterbegleitung“. Tatsächlich verlangt es dem Solisten Besonderes ab. Er kann sich aber nicht so prägnant in den Vordergrund spielen wie bei vielen anderen Werken dieser Gattung. Dieses Missverhältnis zwischen hohem Aufwand und vergleichsweise geringem Effekt sind Grund, weshalb sich für dieses Werk, das in einer exemplarischen Einspielung mit Svjatoslav Richter und Britten am Pult vorliegt, nur wenige Interpreten interessieren.
Dabei kann man damit durchaus Erfolg haben, das zeigten die Wiener Symphoniker im großen Musikvereinssaal. Souverän und einfühlsam führte sie Jakub Hru˚sˇa, Chefdirigent der Bamberger Symphoniker, über die anspruchsvollen Klippen ihres Parts. Auch Solist Leif Ove Andsnes ließ kaum Wünsche offen. Vor allem die Ecksätze, der von der Form einer Toccata inspirierte Stirnsatz und das Elemente eines Marschs und eines Sonatensatzes originell verbindende Finale gelangen meisterhaft exakt und mit virtuoser Verve. Nicht ganz so selbstverständlich erstand der von der Idee eines Walzers beseelte zweite Satz. Beim dritten hätte man sich ein dichteres Herausarbeiten der melodischen Farben gewünscht.
Mit einer Passacaglia schließt auch die Vierte Brahms. Hat sich Hru˚sˇa deswegen für sie entschieden? Allerdings schienen er und das mit einigen Irritationen aufwartende Orchester kaum je einer Meinung über Tempo und Phrasierung, womit das Werk nicht so recht vom Fleck wollte. Schon bei Mendelssohns sonst so eleganter „Meeresstille und glückliche Fahrt“-Ouvertüre konnte der Bamberger Orchesterchef die Wiener Musiker hörbar wenig von seinen Ideen überzeugen, konzentrierte sich zu sehr in Details, um die Musik gehaltvoll aufblühen zu lassen.