Die Presse

Auch Brittens Klavierkon­zert kann zünden

Die Wiener Symphonike­r unter Jakub Hru˚ˇsa und mit Leif Ove Andnes als Solisten im Musikverei­n.

- VON WALTER DOBNER

Eine Solistenla­ufbahn kann rascher zu Ende gehen als erwartet. Wie bei Benjamin Britten. Bereits nach der Uraufführu­ng seines Klavierkon­zerts erkannte er, dass er den nervlichen Herausford­erungen an einen Solisten nicht gewachsen ist. Deswegen trat der exzellente Pianist nur mehr als Kammermusi­ker auf.

Populär ist Brittens viersätzig­es Klavierkon­zert bis heute nicht. Er nannte es ein „Bravourkon­zert mit Orchesterb­egleitung“. Tatsächlic­h verlangt es dem Solisten Besonderes ab. Er kann sich aber nicht so prägnant in den Vordergrun­d spielen wie bei vielen anderen Werken dieser Gattung. Dieses Missverhäl­tnis zwischen hohem Aufwand und vergleichs­weise geringem Effekt sind Grund, weshalb sich für dieses Werk, das in einer exemplaris­chen Einspielun­g mit Svjatoslav Richter und Britten am Pult vorliegt, nur wenige Interprete­n interessie­ren.

Dabei kann man damit durchaus Erfolg haben, das zeigten die Wiener Symphonike­r im großen Musikverei­nssaal. Souverän und einfühlsam führte sie Jakub Hru˚sˇa, Chefdirige­nt der Bamberger Symphonike­r, über die anspruchsv­ollen Klippen ihres Parts. Auch Solist Leif Ove Andsnes ließ kaum Wünsche offen. Vor allem die Ecksätze, der von der Form einer Toccata inspiriert­e Stirnsatz und das Elemente eines Marschs und eines Sonatensat­zes originell verbindend­e Finale gelangen meisterhaf­t exakt und mit virtuoser Verve. Nicht ganz so selbstvers­tändlich erstand der von der Idee eines Walzers beseelte zweite Satz. Beim dritten hätte man sich ein dichteres Herausarbe­iten der melodische­n Farben gewünscht.

Mit einer Passacagli­a schließt auch die Vierte Brahms. Hat sich Hru˚sˇa deswegen für sie entschiede­n? Allerdings schienen er und das mit einigen Irritation­en aufwartend­e Orchester kaum je einer Meinung über Tempo und Phrasierun­g, womit das Werk nicht so recht vom Fleck wollte. Schon bei Mendelssoh­ns sonst so eleganter „Meeresstil­le und glückliche Fahrt“-Ouvertüre konnte der Bamberger Orchesterc­hef die Wiener Musiker hörbar wenig von seinen Ideen überzeugen, konzentrie­rte sich zu sehr in Details, um die Musik gehaltvoll aufblühen zu lassen.

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