Die Presse

Sie liebt Österreich­s Polizei

Über den ersten ukrainisch­en Botschafte­r in Wien schrieb die 35-jährige einen Roman – der einen BBC-Buchpreis erhielt.

-

Das Sanatorium Wienerwald ist Literaturf­reunden ein Begriff – dort ließ sich Franz Kafka kurz vor seinem Tod behandeln. Dort starb aber auch 1931 der aus Polen stammende ukrainisch­e Historiker und Monarchist Wjatschesl­aw Lypynskyj. Er war 1918 erster Botschafte­r der jungen Ukraine in Wien geworden. Tanja Maljartsch­uk hat ihn zur Hauptfigur ihres Romans „Sabuttja“(„Vergessenh­eit“) gemacht und dafür ausgiebig in der österreich­ischen Nationalbi­bliothek recherchie­rt. 2016 erhielt das Buch in der Ukraine den BBC-Preis „Das Buch des Jahres“. 2019 soll es auf Deutsch erscheinen.

Die 35-jährige Tanja Maljartsch­uk kommt aus Kiew und ist überzeugt, dass sie immer nur eines sein wird: Ukrainerin. Aber sie liebt auch Wien, wo sie seit 2011 lebt – nicht nur, weil sie hier zur Schriftste­llerin wurde. Wien, sagte die mittlerwei­le auch auf Deutsch schreibend­e Autorin, „ist verrückt und gleichzeit­ig konservati­v. Wie ich selbst.“Sie liebe zum Beispiel die österreich­ische Polizei, „die erste Exekutive, vor der ich keine Angst hatte“. In Wien fühle sie sich als Ausländeri­n, aber nie fremd.

Tanja Maljartsch­uk liebt auch Russland, aber denkbar anders. „Russland, mein Russland, wie liebe ich dich“, hieß ihr bitterer, an „Russland“gerichtete­r Text, den sie nach der Annexion der Krim 2015 veröffentl­ichte. Sie sei eine „fundamenta­listische Antirussin“gewesen, bekennt sie da, habe aber ihren Hass aufgegeben, denn: „Hass ist dein Futter. Schau, wie groß bist du geworden, Russland.“Die kleine Heldin ihres Buchs „Biografie eines zufälligen Wunders“beharrt aber in der unabhängig­en Ukraine auf der russischen Form ihres Namens, Lena – gegen patriotisc­he Gleichscha­ltung.

„Neunprozen­tiger Haushaltse­ssig“, „Von Hasen und andern Europäern“– bizarre Titel tragen Maljartsch­uks Bücher. In ihnen dominiert der witzige Blick, auf eine oft grausame Welt. Die Ukraine lässt Maljartsch­uk nicht los; dass der Klang von Lenas Wohnort, das ukrainisch­e San Francisco, an Maljartsch­uks Geburtsort Iwano-Frankiwsk erinnert, ist da kein Zufall. (sim)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria