Drei Autowerke in Kärnten?
Industrie. Der geplante Lithiumabbau auf der Koralm könnte Folgeinvestitionen in Forschung und Produktion auslösen. Autokonzerne sind an Produktionsstandorten in der Nähe interessiert.
Auf den ersten Blick ist der geplante Lithiumabbau auf der Kärntner Koralm für Österreich kein Geschäft: Um gerade einmal einen Schilling (sieben Cent) hat die Republik in den 1970er-Jahren die Schürfrechte verkauft. Über Umwege kann das Land von dem Projekt, in das die australische Gesellschaft European Lithium 424 Millionen US-Dollar (363 Mio. Euro) investieren will, aber sehr wohl profitieren: Nicht nur, weil 400 Arbeitsplätze in Kärnten geschaffen werden sollen, sondern vor allem, weil sich neue Unternehmen im Umfeld ansiedeln könnten.
„Es geht um die ganze Produktionskette“, sagt der Rechtsanwalt Christian Ragger, der European Lithium vertritt. Also um Abbau und Verarbeitung des Rohstoffs, um die Forschung bis hin zur Produktion. Und da geht es nicht nur um Batterien, für die Lithium ein wichtiger Rohstoff ist, sondern gleich um ganze Elektroautos. „Ich habe drei konkrete Angebote für ein Autowerk vorliegen“, sagt Ragger, der auch Nationalratsabgeordneter der FPÖ ist. Die Namen der Interessenten kann er noch nicht nennen. Jedenfalls gehe es da um „Tausende“mögliche Arbeitsplätze.
35 Hektar Betriebsgrund
Derzeit wird – in Kooperation mit der Kärntner Landesregierung – versucht, die nötige Infrastruktur zu schaffen. So wurden bereits 35 Hektar Betriebsgrund in St. Paul im Lavanttal in der Nähe des Bahnhofs der Koralmbahn gesichert. Die Autowerke könnten aber auch auf der anderen Seite der Koralm, in der Steiermark, entstehen. Ein Problem dabei könnte die Situation auf dem Arbeitsmarkt sein: Schon jetzt hat die Automobilindustrie in der Steiermark Probleme, qualifiziertes Fachpersonal zu finden.
Beim Lithiumabbau in Kärnten handelt es sich um ein schon lang diskutiertes Thema: In den 1970er-Jahren wurde in der Koralm nach Uran gesucht, gefunden wurde dabei Lithium. Ein Abbau galt aber damals als nicht wirtschaftlich, worauf die Schürfrechte um den erwähnten einen Schilling an die Kärntner Montanindustrie von Andreas Henckel-Donnersmark verkauft wurde. Mehrere Anläufe für einen Abbau scheiterten, worauf die Kärntner Montanindustrie die Rechte 2011 um angeblich 17 Millionen Euro an den australischen Bergbaukonzern East Coast Minerals verkaufte.
Abhängigkeit von China
Inzwischen haben sich die Abbautechnologien verbessert, auch der Preis für Lithium ist stark gestiegen, weil der Rohstoff für die Produktion von Batterien sehr gefragt ist. Rund 95 Prozent der Lithiumproduktion findet derzeit in China statt, auch in Bolivien gibt es einen Abbau. Schon aus Gründen der Produktionssicherheit wäre somit ein Standort in Europa von großem Interesse. Da ist die Koralm nicht der einzige Standort, auch in Serbien, Tschechien und Finnland gibt es Projekte, in Kärnten ist man aber am weitesten.
In Kärnten sollen nach den Plänen von European Lithium 800.000 Tonnen Roherz pro Jahr abgebaut werden, daraus werden 10.000 Tonnen Lithium gewonnen. Diese Ausbeute gilt als nicht ganz optimal, was auch der Grund ist, warum der Abbau so lang auf Eis gelegen ist. East Coast Minerals macht das Projekt auch nicht allein, sondern hat European Lithium Limited in Australien an die Börse gebracht. Zudem soll nun die österreichische ECM Lithium GmbH mit der australischen Mutterfirma verschmolzen und an die Wiener Börse gebracht werden. Auch wird nach einem strategischen Partner gesucht, so eine Unternehmenssprecherin.
Weitere Vorkommen gesucht
Die Rechnung des Konzerns: Die Tonne wird derzeit um 19.000 Dollar gehandelt, European Lithium rechnet somit mit einem Roherlös von 1,9 Milliarden Dollar in den nächsten zehn Jahren. Zudem geht man davon aus, auf weitere Vorkommen zu stoßen und den Abbau länger betreiben zu können.
Vorher ist allerdings noch ein Genehmigungsverfahren notwendig, bei dem sich auch einige Hürden auftun: So wird viel Wasser benötigt, um das Gestein vor Ort zu extrahieren. Im Lavanttal herrscht aber eher Trinkwassermangel. European Lithium verspricht einen eigenen geschlossenen Wasserkreislauf. Zudem geht es um einen umweltschonenden Transport: 20 Lkw-Fahrten täglich sind zu erwarten. Im Unternehmen hält man das für lösbar – entscheidend sei aber eine rasche Entscheidung im UVP-Verfahren: Schon im Jahr 2021 soll mit der Produktion begonnen werden. Landeshauptmann Peter Kaiser hat bei den Behördenverfahren schon Unterstützung zugesagt. Noch nicht geklärt dürften die Wegerechte sein: Der Grundeigentümer, ein bekannter Kärntner Industrieller, soll sich noch querlegen.