Pharmabranche unter Fusionsdruck
Pharmaindustrie. Auslaufende Patente, öffentlicher Spardruck und sinkende Margen machen den Unternehmen das Leben schwer. Zukäufe gelten als probater Ausweg aus diesem Problem.
Wien. Fusionen und Übernahmen spielen für den Einzelnen meist keine bedeutende Rolle. Anders sieht es jedoch aus, wenn sich große Pharmakonzerne zusammenschließen. Das Heben von Synergien kann bei Arzneimitteln nämlich durchaus zum Problem werden. Und zwar dann, wenn Standorte zusammengelegt und Wirkstoffe nur noch in wenigen Werken produziert werden. Am Ende kann dies zu Engpässen führen. Doch warum steht die Branche so unter Fusionsdruck?
Die Pharmabranche hatte in der Vergangenheit massiv mit dem Ablauf von Patenten zu kämpfen. Sie schützen ein Unternehmen vor günstigeren Nachahmerpräparaten. Spülte eine Arznei zuvor noch Millionen an Dollar ein, wurde sie später häufig nur noch ein unbedeutender Posten in der Bilanz. Und das, obwohl die Forschungsabteilungen viele Jahre an Arbeit investiert und Unternehmen noch mehr Geld für dessen Entwicklung ausgegeben haben.
Generika statt Original
Mit genau diesem Szenario ist derzeit der US-amerikanische Pharmariese Pfizer konfrontiert. Das Unternehmen hat vor rund 20 Jahren das Potenzmittel Viagra lanciert. Es ließ die Kassen des Konzerns zuverlässig klingeln. Seit Einführung der blauen Pille hat diese ihrem Hersteller allein in den USA mehr als 17 Milliarden Dollar an Erlösen gebracht. Seit einigen Monaten jedoch dürfen auch andere Hersteller, wie etwa die israelische Teva, billigere Versionen der Pille verkaufen. In anderen Märkten ist das schon längst der Fall.
Derlei Kassenschlager zu entwickeln, ist das Ziel vieler Hersteller. Doch ist bei einem solchen Vorhaben auch Glück dabei. Nicht selten scheitern Medikamente erst in einer späten Zulassungsphase, kleinere Unternehmen kann das an den Rand des Ruins treiben. Dafür haben Biotech-Firmen den Ruf, innovativer als behäbige Großkonzerne zu sein. Das wissen die Großen, weshalb sie seit Jahren ein Auge auf Biotechs werfen. Kauft ein Konzern ein solches Unternehmen in einer frühen Phase zu, muss es deutlich weniger ausgeben – und kann im besten Fall gutes Geld verdienen. Freilich gibt es auch kostenintensive Übernahmen, wie etwa jene der Schweizer Actelion durch Johnson & Johnson. Die Amerikaner ließen für diese 30 Milliarden Dollar springen.
Krebs als lukratives Geschäft
2017 belief sich das Transaktionsvolumen der Branche auf 203 Milliarden Dollar, wie eine Studie der Unternehmensberatung EY zeigt. Zwar war der Wert gegenüber 2016 rückläufig, doch dürfte die Fusionswelle heuer wieder voll anrollen. Immerhin stehen den Unternehmen 1,34 Billionen Dollar für Zukäufe zur Verfügung.
Ein Problem, mit dem die Pharmariesen noch zu kämpfen haben, sind sinkende Margen. Die westlichen Gesundheitsmärkte gelten als gesättigt, der Spardruck der öffentlichen Haushalte steigt. Deshalb versuchen sich die Konzerne auf teure Wirkstoffe zu konzentrieren, sagt Erich Lehner von EY. Der Fokus wird stark auf das Thema Krebsforschung gelenkt, „weil da die teuersten Medikamente sind“. Pharmaunternehmen verdienen bereits jeden dritten Euro mit Krebsmitteln. Allein im Vorjahr setzten die 21 Größten in der Onkologie 137 Mrd. Euro um.