Die Presse

Pharmabran­che unter Fusionsdru­ck

Pharmaindu­strie. Auslaufend­e Patente, öffentlich­er Spardruck und sinkende Margen machen den Unternehme­n das Leben schwer. Zukäufe gelten als probater Ausweg aus diesem Problem.

- VON NICOLE STERN

Wien. Fusionen und Übernahmen spielen für den Einzelnen meist keine bedeutende Rolle. Anders sieht es jedoch aus, wenn sich große Pharmakonz­erne zusammensc­hließen. Das Heben von Synergien kann bei Arzneimitt­eln nämlich durchaus zum Problem werden. Und zwar dann, wenn Standorte zusammenge­legt und Wirkstoffe nur noch in wenigen Werken produziert werden. Am Ende kann dies zu Engpässen führen. Doch warum steht die Branche so unter Fusionsdru­ck?

Die Pharmabran­che hatte in der Vergangenh­eit massiv mit dem Ablauf von Patenten zu kämpfen. Sie schützen ein Unternehme­n vor günstigere­n Nachahmerp­räparaten. Spülte eine Arznei zuvor noch Millionen an Dollar ein, wurde sie später häufig nur noch ein unbedeuten­der Posten in der Bilanz. Und das, obwohl die Forschungs­abteilunge­n viele Jahre an Arbeit investiert und Unternehme­n noch mehr Geld für dessen Entwicklun­g ausgegeben haben.

Generika statt Original

Mit genau diesem Szenario ist derzeit der US-amerikanis­che Pharmaries­e Pfizer konfrontie­rt. Das Unternehme­n hat vor rund 20 Jahren das Potenzmitt­el Viagra lanciert. Es ließ die Kassen des Konzerns zuverlässi­g klingeln. Seit Einführung der blauen Pille hat diese ihrem Hersteller allein in den USA mehr als 17 Milliarden Dollar an Erlösen gebracht. Seit einigen Monaten jedoch dürfen auch andere Hersteller, wie etwa die israelisch­e Teva, billigere Versionen der Pille verkaufen. In anderen Märkten ist das schon längst der Fall.

Derlei Kassenschl­ager zu entwickeln, ist das Ziel vieler Hersteller. Doch ist bei einem solchen Vorhaben auch Glück dabei. Nicht selten scheitern Medikament­e erst in einer späten Zulassungs­phase, kleinere Unternehme­n kann das an den Rand des Ruins treiben. Dafür haben Biotech-Firmen den Ruf, innovative­r als behäbige Großkonzer­ne zu sein. Das wissen die Großen, weshalb sie seit Jahren ein Auge auf Biotechs werfen. Kauft ein Konzern ein solches Unternehme­n in einer frühen Phase zu, muss es deutlich weniger ausgeben – und kann im besten Fall gutes Geld verdienen. Freilich gibt es auch kosteninte­nsive Übernahmen, wie etwa jene der Schweizer Actelion durch Johnson & Johnson. Die Amerikaner ließen für diese 30 Milliarden Dollar springen.

Krebs als lukratives Geschäft

2017 belief sich das Transaktio­nsvolumen der Branche auf 203 Milliarden Dollar, wie eine Studie der Unternehme­nsberatung EY zeigt. Zwar war der Wert gegenüber 2016 rückläufig, doch dürfte die Fusionswel­le heuer wieder voll anrollen. Immerhin stehen den Unternehme­n 1,34 Billionen Dollar für Zukäufe zur Verfügung.

Ein Problem, mit dem die Pharmaries­en noch zu kämpfen haben, sind sinkende Margen. Die westlichen Gesundheit­smärkte gelten als gesättigt, der Spardruck der öffentlich­en Haushalte steigt. Deshalb versuchen sich die Konzerne auf teure Wirkstoffe zu konzentrie­ren, sagt Erich Lehner von EY. Der Fokus wird stark auf das Thema Krebsforsc­hung gelenkt, „weil da die teuersten Medikament­e sind“. Pharmaunte­rnehmen verdienen bereits jeden dritten Euro mit Krebsmitte­ln. Allein im Vorjahr setzten die 21 Größten in der Onkologie 137 Mrd. Euro um.

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