Heilendes Licht am Weg ins Gehirn
Die photodynamische Therapie zerstört Tumorzellen durch Licht. Mit leistungsstarken Lasern arbeiten Forscher der FH Vorarlberg daran, das Licht ins Körperinnere zu bringen.
Wo kein Skalpell hinkommt, da hat die Medizin eine andere Waffe gegen Tumore: Licht. Die sogenannte photodynamische Therapie (PDT) tötet Krebszellen ab, indem sie sie zuerst lichtempfindlich macht und dann beleuchtet. Besonders Tumore in Regionen, in denen Ärzte schwer oder gar nicht operieren können, wie zum Beispiel dem Gehirn, können so zugänglich werden.
In dem Projekt „GlaDiLas“, kurz für Glasfaserdiffusoren durch Ultrakurzpuls-Laserablation, arbeiten Wissenschaftler der FH Vorarlberg an der Technik, die das Verfahren möglich macht. Denn das Licht tief ins Gehirn zu bringen ist keine einfache Sache.
Bei der PDT wird dem Patienten zunächst ein Mittel verabreicht, das sich ausschließlich in entarteten Zellen ansammelt. Kommen diese Zellen mit Licht einer bestimmten Wellenlänge in Kontakt, läuft eine chemische Reaktion ab, die die Zellen absterben lässt. Man spricht dabei auch von Phototoxizität.
Als Lichtwellenleiter werden Glasfasern verwendet, die das Hirn, über Löcher in der Schädeldecke eingebracht, von innen beleuchten. So einfach das Prinzip der PDT, so technisch anspruchsvoll ihre Umsetzung. Licht – per se schlecht lenkbar – im Inneren des Gehirns dorthin zu bringen, wo man es haben will, erfordert technisches Know-how.
Das Wissen gepaart mit dem nötigen Werkzeug findet man am Forschungszentrum Mikrotechnik der Fachhochschule (FH) Vorarlberg. Dort arbeitet Stephan Ströbl mit einem Ultrakurzpulslaser, der Impulse der Dauer von 380 Femtosekunden erzeugt. Um eine Vorstellung von dieser abstrakten Zahl zu bekommen: Eine Sekunde besteht aus einer Billiarde Femtosekunden, also eine Eins mit 15 Nullen. Ströbl ist Physiker und das Projekt Gegenstand seiner Dissertation. Er verwendet den Laser, um Löcher vom Durchmesser eines menschlichen Haares in jene Glasfasern zu schießen, die Licht ins Gehirn von Tumorpatienten bringen sollen.
Um alle entarteten Zellen zu erwischen, muss das Licht gut steuerbar und möglichst weit gestreut sein. „Glasfasern bringen das Licht direkt zum Hirntumor. Ziel des Projekts ist es, die Fasern selbst zum Leuchten zu bringen und so das Licht bestmöglich zu verteilen“, sagt Ströbl. Stark vereinfacht könnte man sich die der- zeit verwendeten Lichtwellenleiter ähnlich wie Taschenlampen vorstellen: Das Licht strahlt nach vorn und erzeugt einen relativ engen Lichtkegel. Der Leiter, den sich die Mediziner wünschen, wäre aber eher mit einer Neonröhre vergleichbar, die gleichmäßig nach allen Seiten strahlt.
Wie macht man also eine Neonröhre aus einer Taschenlampe? Die Forscher in Vorarlberg verzichten dazu auf die am Ende der Glasfasern angebrachten Diffusoren, kleine Polymerteile, die das Licht am Bestimmungsort zerstreuen. Und lassen stattdessen die Fasern selbst leuchten, durch die winzigen Löcher, die der Ultrakurzpuls-Laser erzeugt. Das Licht verteilt sich gleichmäßig und erwischt möglichst viele Krebszellen, so die Theorie.
Motor für die technischen Verbesserungsarbeiten sind die bisher beobachteten positiven Effekte der PDT bei tödlichen Hirntumoren, die normalerweise binnen Mona- ten zum Tod führen. Durch die Therapie lebten Patienten um Jahre länger. Der langfristige Erfolg hängt vor allem davon ab, ob das Licht auch wirklich alle Zellen erreicht.
In anderen Fachbereichen wie der Dermatologie, wo der Krebs einfach von außen zugänglich ist, ist die Behandlung mit Licht schon lange Standard. Dass die Methode nicht öfter zum Einsatz kommt, sei laut den Experten vor allem den hohen technischen Anforderungen geschuldet. Die Gerätschaften zu entwickeln, um an die verschiedenen Tumore heranzukommen, sei das Problem in der Praxis.
Das Projekt „GlaDiLas“gibt es seit einem halben Jahr. Als Projektpartner sind das Laser-Forschungslabor des Universitätsklinikum München, die Firma LifePhotonic in Bonn und die Agency for Medical Innovations (A.M.I.) in Feldkirch daran beteiligt. Bis 2020 soll es laufen, und die Forscher hoffen, bis dahin die optimale Lichtquelle für das Gehirn gefunden zu haben.