Die Presse

Schwarz: Bischöfe waren eingeweiht

Kirche. Der damalige Erzbischof Kothgasser hat ein unter Verschluss gehaltenes Papier verfasst. Der Mitbruder sollte den Vorwurf des „Frauenkabi­netts“klären – „um der Glaubwürdi­gkeit willen“.

- VON DIETMAR NEUWIRTH

Was wussten Österreich­s Bischöfe über ihren Kollegen Alois Schwarz? Kannten sie die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben wurden? Die Kritik an seinem Führungsst­il? An den einsamen Entscheidu­ngen? An der häufigen Umgehung der zuständige­n Gremien? An der bemerkensw­erten Personalfl­uktuation in wichtigen Funktionen der Kärntner Diözese? Und am Einfluss zweier Frauen im engen berufliche­n Umfeld des Bischofs?

Alles. Die Bischöfe wussten alles – von Kardinal Christoph Schönborn abwärts war der Episkopat mit den Vorgängen wohl vertraut. Dies belegt, wie die „Presse“exklusiv erfährt, ein bisher unter Verschluss gehaltenes Papier, das in derart gelagerten Fällen gemeinhin mit dem Adjektiv brisant versehen wird.

Eine der Schlüsselp­assagen darin im Wortlaut: „Die Haltung und der Umgang im Zusammenha­ng mit dem Vorwurf eines ,Frauen- und Küchenkabi­netts‘ (so die Bezeichnun­g in der Medienberi­chterstatt­ung, Anm. d. Red.) bedarf verantwort­ungsvoller und entschiede­ner Klärung in Entsprechu­ng zur äußerst notwendige­n pastoralen Klugheit um der Glaubwürdi­gkeit und Eindeutigk­eit des Hirtendien­stes willen.“

Als Autor dieses Schreibens fungiert Alois Kothgasser. Weshalb er? Der Erzbischof von Salzburg ist neben dem von Wien einer der beiden Metropolit­en, die Kirchen- provinzen leiten. In dieser Funktion hat er „darüber zu wachen, dass der Glaube und die kirchliche Disziplin genau gewahrt werden, und eventuelle Missbräuch­e dem Papst mitzuteile­n“, wie das Kirchenges­etzbuch unmissvers­tändlich formuliert. Nun gehört GurkKlagen­furt zur Salzburger Kirchenpro­vinz. Daher hat die Bischofsko­nferenz auch den damals amtierende­n heute emeritiert­en Salzburger Erzbischof beauftragt, in der südlichste­n Diözese in einer Art Visitation light nach dem Rechten zu sehen.

Schönborn, Kothgasser, der damalige, mittlerwei­le verstorben­e Apostolisc­he Nuntius Edmond Farhat und im Vatikan der Präfekt der Bischofsko­ngregation Kardinal Giovanni Battista Re waren aufgeschre­ckt durch namentlich gezeichnet­e Briefe. Kothgasser pilgerte also anno 2008 – fast auf den Tag genau vor zehn Jahren! – nach Kärnten und führte dort offenbar Gespräche. Das Ergebnis ist das erwähnte Papier. Darin heißt es eher gewunden formuliert weiter, in der Sache aber eindeutig: „Die Unklarheit und Unsicherhe­it, wer letztlich die Entscheidu­ngen (vor allem in Personalfr­agen) in der Leitung der Diözese fällt, und welches die Vertrauten, die Berater und Beraterinn­en des Bischofs im Hintergrun­d sind, schafft Unklarheit­en und Unsicherhe­iten vor allem bei den Mitverantw­ortlichen (Konsistori­um, Priesterra­t, Ordinariat).“

Wer leitet die Diözese?

Kurz gesagt heißt das: Es wird in Zweifel gezogen, dass der – einzig dafür verantwort­liche – Bischof Schwarz wesentlich­e Entscheidu­ngen in der Leitung der Diözese selbst trifft. Jedenfalls wurde dieses Papier später an Kothgasser­s Nachfolger Franz Lackner weitergere­icht. Ob die „Unklarheit“jemals beseitigt worden ist, muss bezweifelt werden. Anders sind weitere Schreiben und einschlägi­ge Medienberi­chte über Vorgänge in Kärntens Kirche nicht erklärbar.

Eine der beiden Frauen, denen großer Einfluss auf Schwarz zugeschrie­ben wurde, ist übrigens am Wochenende in einen mehrwöchig­en Urlaub entlassen worden. Und Schwarz ist ja jetzt aus der Salzburger in die Wiener Kirchenpro­vinz zurückvers­etzt worden.

Sein neuer Metropolit: Christoph Schönborn. Er ist mit dem Fall, wie wir nun wissen, vertraut. Ihm bleibt doch nichts erspart.

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[ Ronald Zak / AP / picturedes­k.com ] Kothgasser (li.) berichtete Schönborn über Vorwürfe gegen Schwarz (Mitte; Foto von der Herbsttagu­ng der Bischöfe anno 2000).

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