Schlimmste Unwetter seit dem Tsunami
Japan. Zehntausende Helfer suchen nach andauernden, heftigen Regenfällen und Schlammfluten nach Überlebenden. 23.000 Menschen sitzen in Notaufnahmelagern fest.
Japan. Bei Unwettern in Japan sind mehr als 110 Menschen ums Leben gekommen; die Opferzahl dürfte noch steigen: Dutzende Menschen werden vermisst. Besonders hart ist die Millionenstadt Hiroshima betroffen. Die Überschwemmungen sind die schlimmste Naturkatastrophe in Japan seit dem Erdbeben und Tsunami im März 2011.
Tokio. Entwurzelte Bäume, zerstörte Häuser und Schlamm, wohin das Auge reicht. Nach den schlimmsten Überschwemmungen der jüngeren Geschichte Japans und zahllosen Erdrutschen wühlen sich mehr als 73.000 Helfer durch Trümmer und Geröll, suchen nach Eingeschlossenen, bergen Verletzte. Es ist ein „Kampf gegen die Zeit“, wie es Premierminister Shinzo Abe nannte. Die Situation sei nach wie vor „extrem gefährlich“.
Nach Angaben der Nachrichtenagentur Kyodo hat die Hochwasserkatastrophe bisher mindestens 110 Menschenleben gefordert. Mehr als 80 Personen werden noch vermisst. Zahlreiche Schwerverletzte schweben in Lebensgefahr. Zwar ließ der Starkregen zwischenzeitlich nach und die Alarmstufe konnte zunächst gesenkt werden, aber das Wetteramt in Tokio warnt vor weiteren heftigen Niederschlägen und vor Schlammfluten.
Auch so sind es immer noch dramatische Nachrichten und Bilder, die Japan seit Tagen in Atem halten. Weitgehend hilflos müssen Millionen Einwohner der Industrienation zuschauen, wie extreme Regenfälle Leben und Land zerstören. Fast sechs Millionen Personen in 19 Präfekturen mussten wegen der seit Donnerstag anhaltenden verheerenden Niederschläge aus Angst vor Überschwemmungen und Erdrutschen in Sicherheit gebracht werden. Die Notaufnahmelager haben bislang 23.000 Menschen aufgenommen, meldet die Feuerwehr.
260 Millimeter in drei Stunden
Vor allem im Westen des Inselstaates herrscht eine Art Ausnahmezustand. In der besonders hart betroffenen Präfektur Okayama hatten sich vorübergehend mehr als 1000 Personen auf Häuserdächer geflüchtet, nachdem drei Deiche des Oda-Flusses geborsten waren. Die meisten Menschen konnten inzwischen mit Booten und Hubschraubern gerettet werden. Im Mabicho-Distrikt steht ein Drittel der Landfläche unter Wasser. Dort sind die Häuser von 5000 Einwohnern zerstört. Wenigstens konnten die Patienten eines mehrere Tage eingeschlossenen Krankenhauses in Sicherheit gebracht werden.
Die Regierung registrierte bislang 238 schwere Erdrutsche in 28 Präfekturen, mehr als 200 Flüsse sind über die Ufer getreten. Nach vorläufigen Schätzungen sind rund 267.000 Häuser schwer beschädigt. Der Eisenbahnverkehr ist auf 37 Routen gesperrt, 13 Bahngesellschaften stellten den Betrieb ein. Autokonzerne wie Mazda und Toyota haben ihre Produktion weitgehend gestoppt. Die Millionenstadt Hiroshima ist besonders betroffen.
Die sintflutartigen Regenfälle begannen mit einem Taifun am vergangenen Donnerstag. In der Provinz Kochi auf der Insel Shikoku verzeichnete der Wetterdienst Niederschlagsmengen von 260 Millimetern innerhalb von drei Stunden. Das ist der höchste Wert seit Beginn der entsprechenden Aufzeichnungen im Jahr 1976.