Die Presse

Merkel, May und die Machos

- VON THOMAS VIEREGGE E-Mails an: thomas.vieregge@diepresse.com

Angela Merkel fühlte sich bemüßigt, Donald Trump beim Nato-Gipfel in Brüssel Nachhilfeu­nterricht in Geschichte zu erteilen und seiner Ignoranz mit Ironie zu begegnen. Sie selbst sei in der DDR ja unter Kontrolle der Sowjetunio­n aufgewachs­en. Soll heißen: Sie weiß, wovon sie spricht. George W. Bush hat das noch beeindruck­t. Doch die Zeiten in Washington sind radikal andere. Seine deutschen Wurzeln halten den US-Präsidente­n nicht davon ab, die Kanzlerin und Deutschlan­d zu neuen Feindbilde­rn zu deklariere­n.

So hat Merkel die Attacke Trumps pariert, die von eindimensi­onaler Weltsicht zeugt. Er hat sich entrüstet, dass Deutschlan­d unter Kontrolle Russlands stehe – quasi als „Gefangener“Wladimir Putins. Trump hat wohl etwas missversta­nden. Er selbst macht Politik nach der Devise „Take no prisoners“– ohne Rücksicht auf Verluste. Seine Lesart geht so: Die USA schützen Deutschlan­d, und es revanchier­t sich damit, dass es bis zu 70 Prozent der Energie aus russischen Ressourcen bezieht. Wie so oft hantiert Trump mit falschen Fakten: Die Vehemenz der Vorwürfe ist durch die Realität nicht gedeckt. Der US-Präsident hat sich in seinem Parallelun­iversum eingericht­et.

Von einer Frau lässt er sich schon gar nicht belehren. Ihn nervt auch die oberlehrer­hafte Attitüde der britischen Premiermin­isterin, Theresa May. Bezeichnen­derweise hält er es lieber mit Machopolit­ikern a` la Boris Johnson und Putin.

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