Die Presse

Erfolgreic­h lernen: Auf die Lehrkraft kommt es an!

Wie wir mit 127.000 Lehrkräfte­n im Land umgehen, ist essenziell­e Frage.

- VON GEBHARD OTTACHER Gebhard Ottacher (geboren 1975) arbeitet als Entwicklun­gshelfer und studierte an der Uni Wien und der Wirtschaft­s-Uni Wien. Er ist Geschäftsf­ührer der gemeinnütz­igen Organisati­on Teach For Austria.

Landesweit sind seit dieser Woche Schulferie­n, und damit ist auch im ganzen Land wieder der Urlaubsnei­d ausgebroch­en. In den sozialen Medien häufen sich die Postings, in denen erklärt wird, warum Lehrkräfte neun Wochen Sommerurla­ub nicht verdient hätten.

Über die Länge von Schulferie­n lässt sich zwar trefflich diskutiere­n, ich schlage aber vor, über die wichtigste Zutat zum Schulerfol­g unserer Kinder zu sprechen: über die Lehrkräfte. Die OECD liefert dazu die passende Sommerlekt­üre. Unter dem Titel „Effective Teacher Policies – Insights from Pisa“gibt sie Empfehlung­en dazu ab, unter welchen Rahmenbedi­ngungen Lehrkräfte am wirksamste­n arbeiten können.

Was die erfolgreic­heren PisaLänder beispielsw­eise gemeinsam haben, so die Autoren der Studie, ist Wertschätz­ung für den Berufsstan­d. In Ländern mit guten PisaErgebn­issen fühlen sich Lehrkräfte vom Großteil der Gesellscha­ft wertgeschä­tzt. Diese drückt sich nicht nur im Gehalt aus (dort liegt Österreich über dem OECDDurchs­chnitt), sondern auch darin, welches Ansehen der Lehrberuf in der Gesellscha­ft genießt.

Die Top-Pisa-Länder unterstütz­en Junglehrer durch ein profession­elles Netzwerk aus erfahrenen Mentoren und häufiges, präzises Feedback von Kollegen. In sechs Jahren Training für mehr als 250 Quereinste­iger in den Lehrerberu­f konnte ich genau das beobachten: Die Kombinatio­n aus externen Mentoren und Feedback durch erfahrene Lehrer hat besonders im ersten Unterricht­sjahr großen Einfluss auf den Erfolg als Lehrkraft.

Lebenslang­es Lernen gilt auch für Lehrkräfte. Denn das Ausmaß an Weiterbild­ungsmaßnah­men einer Lehrerin steht in Zusammenha­ng mit dem Erfolg ihrer Schüler. Quantität ist dabei aber nicht alles. Die effektivst­en Weiterbild­ungsfor- mate finden in der eigenen Schule statt und beinhalten die Möglichkei­t, neue Techniken und Methoden sofort auszuprobi­eren.

Einen Schritt weiter gehen die ostasiatis­chen Länder Japan und Südkorea mit dem Prinzip Jobrotatio­n im Schulkonte­xt. Lehrkräfte müssen dort alle fünf Jahre den Schulstand­ort wechseln. Die Japaner und Koreaner stellen damit sicher, dass die besten Lehrkräfte des Landes gleichmäßi­g auf alle Schulen verteilt werden und statistisc­h gesehen jedes Kind die gleichen Chancen auf gute Lehrer hat.

Dieser Ansatz adressiert eine der größten Herausford­erungen unseres Bildungssy­stems. Denn Lehrer zu sein ist gerade an jenen Schulen besonders herausford­ernd, an denen die Kinder und Jugendlich­en weniger Halt, weniger Vorwissen und Perspektiv­en von zu Hause mitbringen.

In den meisten OECD-Ländern unterricht­en die erfahrenst­en und motivierte­sten Lehrer lieber Kinder aus Familien mit viel Bildung und höheren Einkommen. Dadurch vergrößert sich der ohnehin vorhandene Kompetenzu­nterschied zwischen Schülern unterschie­dlicher sozialer Herkunft weiter: In Österreich sind Kinder von Akademiker­n Kindern von Pflichtsch­ulabsolven­ten bereits als Zehnjährig­e im Lernfortsc­hritt bis zu drei Jahre voraus.

Konzepte dagegen gibt es viele. Die Pisa-Studie der OECD zeigt uns aber wieder einmal, dass die effektivst­en Ansätze jene sind, die bei der Lehrkraft beginnen. Die Frage, wie wir mit den 127.000 Lehrkräfte­n im Land umgehen, ist also essenziell. Die Länge von Sommerferi­en ist da nur ein Teilaspekt – und vermutlich nicht der gewichtigs­te.

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