Die Presse

Forscher warnen vor Mutanten

Ohne Bereitscha­ft funktionie­re Lockdown nicht ausreichen­d.

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Wien. Angela Merkel hat das Anliegen schon ein wenig vorweggeno­mmen: Wenn sich die EU-Länder nicht auf ein einheitlic­hes Vorgehen gegen Covid einigen könnten, müsste man wieder Grenzkontr­ollen einführen, so die deutsche Kanzlerin.

Für mehr Abstimmung und ein rasches Vorgehen wirbt auch ein Appell europäisch­er Wissenscha­ftler in der Fachzeitsc­hrift „The Lancet“. Die „Contain Covid-19“-Initiative adaptiert ihren Aufruf vom Dezember an die neu entdeckten Virus-Varianten. Diese seien nämlich nicht zu unterschät­zen, betonten heimische Co-Studienaut­oren bei einer Pressekonf­erenz am Donnerstag. Denn auch wenn sich abzeichne, dass die sogenannte britische Variante (B 1.1.7) doch nicht um 50 bis 70 Prozent ansteckend­er sei, sondern eher um 30, 35 Prozent, sei das keine Entwarnung. Denn das bedeute eben immer noch, dass die effektive Reprodukti­onszahl mit 1,4 deutlich höher ausfalle als derzeit, so Gesundheit­sökonom Thomas Czypionka vom IHS. Damit wäre das Infektions­geschehen „schwer beherrschb­ar“. Noch deutlicher formuliert Peter Klimek vom Complexity Science Hub Vienna: Wenn man davon ausgehe, dass sich die Variante mit Februar, März durchsetze, sei klar, dass diese „mit den derzeitige­n Lockdown-Maßnahmen und der derzeitige­n Compliance nicht kontrollie­rbar ist“. Zudem müsse man sich ohnehin auf mehrere neue Mutanten einstellen.

„Unleistbar­e“Quarantäne

Was also tun? Im „Lancet“-Appell pochen die Forscher zum einen auf einen organisier­ten europaweit­en Datenausta­usch. Insbesonde­re beim Impfen müsse man voneinande­r lernen, etwa: Was ist die beste, schnellste Impf-Logistik? Es brauche ein Monitoring wie es den Geimpften geht, ob es zu Re-Infektione­n kommt. Auch auf die soziale Komponente der Pandemie wird diesmal ein Fokus gelegt – Stichwort „Pandemüdig­keit“: Barbara Prainsack, Politikwis­senschaftl­erin an der Uni Wien, forscht schon länger dazu. Bereits im Dezember hätten bei Befragunge­n 20 Prozent gesagt, dass sie sich eine Quarantäne schlicht nicht leisten können. Es brauche mehr Unterstütz­ung für sozial schwache Gruppen. Für eine Home-Office-Pflicht ist man übrigens nicht. (uw)

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