Disney-CEO Bob Igergewinnt Machtstreit
Der aktivistische Investor Nelson Peltz wollte seinen Einfluss ausbauen. Gründe sind ein Zwist um die Streaming-Sparte – und ein Kulturkampf.
Bob Iger hat gewonnen. Der neue und alte Disney-Chef – Iger hatte den Chefsessel von 2005 bis 2020 inne und steht dem Konzern seit 2022 erneut vor – konnte die Mehrheit der Aktionäre bei der Hauptversammlung am Mittwochabend hinter sich versammeln. Alle zwölf Mitglieder des Verwaltungsrats wurden bestätigt.
Verlierer des Machtkampfs sind der aktivistische Investor Nelson Peltz mit seinem Trian Fund sowie der Hedgefonds Blackwells Capital. Sie wollen mehr Einfluss im Verwaltungsrat, um Disney und insbesondere die defizitäre StreamingSparte wieder auf Vordermann zu bringen. Sie warfen Iger vor, unter seinem Vorsitz habe Disney seinen kreativen Geist verloren. In die Bresche von Peltz sprang auch die Anlageberatung Institutional Shareholder Services.
Auf die Seite von Iger hatte sich unter anderem George Lucas gestellt. Dem „Star Wars“-Regisseur gehören etwa zwei Prozent der Disney-Anteile. In Richtung von Peltz und Co. meinte Lucas: „Magie ist nichts für Amateure.“Auch Blackrock, der norwegische Staatsfonds und der Vermögensverwalter T. Rowe Price unterstützten Bob Iger, dem Disney unter anderem die Übernahmen von Pixar, Marvel, Lucasfilm und 20th Century Fox verdankt. Iger soll dem Konzern noch bis 2026 vorstehen.
Ist Disney zu „woke“?
Nelson Peltz bleibt der Einzug in den Verwaltungsrat vorerst verwehrt. Der streitbare Investor hatte an der mangelnden Profitabilität der Streaming-Sparte, den unklaren Plänen für den Sportsender ESPN und dem schwachen Abschneiden der Filme „Wish“und „The Marvels“an den Kinokassen Anstoß genommen. Er hatte wiederholt kritisiert, dass der DisneyKonzern zu „woke“(politisch korrekt) geworden sei: Leute, die sich einen Film anschauten, täten das, um unterhalten zu werden, und nicht, um eine Botschaft vermittelt zu bekommen, meinte Peltz. In den USA tobt ein Kulturkampf zwischen Progressiven und Konservativen, in den auch Disney hineingeraten ist. So legte man sich mit dem konservativen Gouverneur von Florida, Ron Desantis, an. Disney-Manager hatten sich öffentlich gegen ein Gesetz ausgesprochen, das an Grundschulen die Behandlung von Themen wie sexueller Orientierung und Identität verbietet. Desantis drohte, Disneys Sonderrechte auf dem Gebiet seines Freizeitparks in Orlando einzuschränken, Disney zog dagegen vor Gericht.
Mit Disneys Entscheidung, nicht mehr auf der Plattform X zu werben, zog sich Iger auch den Zorn von deren Chef, Elon Musk, zu. Musk kündigte im Februar an, eine Klage der Schauspielerin Gina Carano gegen Disney zu finanzieren. Carano war aus der Erfolgsserie „The Mandalorian“ausgeschlossen worden, weil sie sich laut Disney in Social-Media-Beiträgen transphob und antisemitisch geäußert haben soll. Carano meint, sie sei wegen ihrer politischen Meinung und ihres Geschlechts diskriminiert worden. Doch auch abseits des Kulturkampfs hat der 101 Jahre alte Disney-Konzern, der
Freizeit- und Themenparks, Kreuzfahrten, Fanartikel, Filme, Kabelfernsehen und Streaming anbietet, Probleme: Um die Schrumpfung der Kabelsparte wettzumachen, setzt Disney verstärkt auf Streaming. Doch dort ist der Wettbewerb hart, und profitabel ist in diesem Geschäft bis dato nur der große Rivale Netflix.
Die Disney-Sparte mit dem Streaming-Dienst Disney+ und dem Sportangebot ESPN schrieb im Schlussquartal des Vorjahrs nicht nur einen Verlust von 216 Mio. Dollar, sondern Disney+ verlor auch mehr als eine Million Kunden und erreichte zuletzt noch 111 Millionen Menschen. Netflix kam indes auf 260 Millionen zahlende Kunden.
Netflix ist ein harter Rivale
Iger will den Problemen mit einem Sparprogramm in Höhe von 7,5 Mrd. Dollar beikommen. Disney+ will, wie das bereits Netflix erfolgreich getan hat, gegen das Teilen von Passwörtern vorgehen, das es einigen Haushalten ermöglicht, gratis zu schauen. Auch will Iger 1,5 Mrd. Dollar in die Spielefirma Epic Games investieren und ein mit dem Epic-Spiel „Fortnite“kompatibles Disney-Universum entwickeln, im Zuge dessen man dann etwa auch Disney-Artikel kaufen kann. Schließlich soll es ein ESPNStreaming-Angebot geben, in das dann auch Wett- und GamingFunktionen integriert werden sollen.
Immerhin: Seit Igers Rückkehr an die Konzernspitze hat die Disney-Aktie 30 Prozent gewonnen. Sie liegt damit noch immer um 40 Prozent unter ihrem Rekordhoch aus dem Jahr 2021. Mit einem Marktwert von 218 Milliarden Dollar ist Disney derzeit nur die Nummer zwei unter den Unterhaltungskonzernen nach Netflix mit 272 Milliarden Dollar.