Ab heute ist Grasser am Wort – und startet mit Marathon-Rede
Zähe 40 Verhandlungstage lang saß der Hauptangeklagte nur stumm beim Buwog-Prozess. Ab heute wird Karl-Heinz Grasser (49) endlich einvernommen. Für ihn geht es um viel. Nicht zuletzt um seine Freiheit.
Österreichs größter Korruptionsprozess hat beim Hauptangeklagten Spuren hinterlassen. 2011 erklärte Karl-Heinz Grasser im ORF noch keck die Ermittlungen gegen ihn, indem er Fanpost zitierte: Er sei halt „für eine abscheuliche Neidgesellschaft zu intelligent, zu schön, zu gut ausgebildet und auch noch mit einer reichen Frau verheiratet“.
Seit 12. Dezember vor Gericht wirkt der Ex-Finanzminister (2000–2007) nicht mehr keck. Neun Jahre im Visier der Staatsanwaltschaft haben an Nimbus
und Nerven gezehrt. Stets höflich und top gestylt wahrt Grasser zwar den Schein. Aber seine starre Mimik, panische Fotoscheu auf der Anklagebank und einsamen Rückzüge in Verhandlungspausen verraten das Sein: ungewohnte Unsicherheit.
Heute ab 9.30 Uhr beginnen Schicksalstage für den einstigen Polit-Star. Denn da ist er vor Richterin Marion Hohenecker endlich am Wort. Laut Anklage hat Grasser 2004 als Minister seinem Trauzeugen Walter Meischberger den entscheidenden Hinweis gegeben, dass man mehr als 960 Millionen Euro bieten müsse, um die Buwog-Wohnungen zu bekommen. Für diesen Verrat soll Grasser 2,5 Millionen Euro auf das Liechtensteiner Konto 400.815 überwiesen bekommen haben. Auch bei der Einmietung der Finanz im Linzer Tower flossen 200.000 Euro, die zum Teil am selben Konto landeten. Grasser bestreitet jede Schuld. Er wird versuchen, beim Schöffensenat Zweifel zu säen und die Anklage zu entkräften. Vor seiner Einvernahme steht ihm ein Statement zu. Laut Insidern wird die Rede lange dauern