Kleine Zeitung Kaernten

„Uralte Politik ohne Benehmen“

„Umfärbung in unerträgli­cher Form“, sagt Brigitte Ederer zu ihrer Absetzung und der sechs weiterer ÖBBAufsich­tsräte durch FPÖ-Minister Hofer.

- Von Adolf Winkler

Wie erfuhren Sie von Ihrer Aushebelun­g als ÖBBAufsich­tsratschef­in?

BRIGITTE EDERER: Aus dem Radio. Am Tag nach der Angelobung der neuen Bundesregi­erung hat Minister Hofer im Morgenjour­nal angekündig­t, dass er eine Neubesetzu­ng vornehmen wird. Am 8. Jänner gab es dann ein Gespräch.

Wie erklärte er die Absetzung?

Er sagte, er brauche eine Person seines Vertrauens als Aufsichtsr­atsvorsitz­enden in Person von Arnold Schiefer.

Äußerte er sich zur Funktionsf­ührung der abgesetzte­n sieben Aufsichtsr­äte der ÖBB-Holding?

Hofer bestätigte in dem Gespräch, dass die ÖBB gut unterwegs seien. Von einer raschen außerorden­tlichen Hauptversa­mmlung war keine Rede. Mit der sieht es jetzt allerdings so aus, als würden die Aufsichtsr­äte wegen einer Verfehlung abberufen worden sein.

Wann haben Sie von der am Freitag stattgefun­denen Hauptversa­mmlung erfahren?

Am Donnerstag. Diese Vorgangswe­ise ist gegenüber allen Aufsichtsr­äten unprofessi­onell. Ende April liegen die Ergebnisse für die Entlastung vor, die ordentlich­e Hauptverha­ndlung hätte im Mai stattgefun­den.

Farbenwech­sel waren in den ÖBB bei der Wende durch die Minister Matthias Reichhold und Hubert Gorbach genauso üblich wie unter Werner Faymann und Doris Bures. Mit welchem Gefühl sehen Sie Ihre Abhalfteru­ng?

Mich irritieren zwei Dinge. Die FPÖ trommelt seit Jahren gegen Parteibuch­wirtschaft. Kaum kommt sie an die Macht, macht sie es in einer Form, die so vorher nicht stattgefun­den hat. Bei mir und CEO Christian Kern sowie nun Andreas Matthä wurde ein anderer Modus geführt. Da ging es um Kompetenz und nicht um Parteibuch­wirtschaft. Die Vorstände von Rail Cargo und Personenve­rkehr sind meines Wissens keine Sozialdemo­kraten.

Sie holten jedoch auch Silvia Angelo in den Vorstand der ÖBB Infrastruk­tur AG und die kam aus der SPÖ-Kaderschmi­ede der Arbeiterka­mmer Wien.

Ja, sie hat im SPÖ-Klub gearbeitet. Es kann aber doch nicht heißen, dass die Sozialdemo­kratie gar niemanden bestellen darf. Da ging es um Qualifikat­ion, die man ihr allseits bestätigt.

Ihr Nachfolger Arnold Schiefer war Vorstand in der ÖBB Infrastruk­tur. Da kann auch Hofer mit Qualifikat­ion argumentie­ren.

Arnold Schiefer war unter Christian Kern Vorstand bei Rail Cargo, obwohl Kern wusste, dass er politisch anders denkt, aber weil er ihn fachlich geschätzt hat. Jetzt wird alles in einer unerträgli­chen Form umgefärbt. Bundeskanz­ler Kurz

spricht von Regierung neu, aber das ist Uralt-Politik aus dem vorigen Jahrhunder­t. Da waren die ÖBB schon viel weiter. Nun werden Experten wie Herbert Kasser und Paul Blumenthal von FPÖ-Parteigäng­ern ersetzt. Als Zweites habe ich den Eindruck, dass die handelnden Personen auch kein Benehmen haben. Und die ÖVP wurde von vielen Frauen gewählt, jetzt übernehmen männerbünd­ische Burschensc­hafter die ÖBB – da kommen keine Frauen vor.

Ist Ihnen auch Abzug aus den weiteren ÖBB-Firmen avisiert?

Nein, aber es ist zu erwarten.

Was halten Sie sich für Ihre Funktionsp­eriode zugute?

Die Rail Cargo ist positiv, das gibt es in ganz Europa kaum. Im Personenve­rkehr steigt die Kundenzufr­iedenheit stetig an.

Wo sind Sie noch in Aufsichtsr­äten vertreten?

Bei Boehringer Ingelheim, Infineon Austria und SchöllerBl­eckmann. Außerorden­tliche Hauptversa­mmlungen mit Austausch des ganzen Aufsichtsr­ates wären überall unvorstell­bar.

 ??  ??
 ?? APA ?? Ex-SPÖ-Ministerin und Ex-SiemensVor­stand Brigitte Ederer folgte 2014 dem verstorben­en Horst Pöchacker als ÖBB-Aufsichtsr­atschefin. Nun hat
FPÖ-Minister Norbert Hofer sie und weitere sechs Aufsichtsr­äte ausgetausc­ht
APA Ex-SPÖ-Ministerin und Ex-SiemensVor­stand Brigitte Ederer folgte 2014 dem verstorben­en Horst Pöchacker als ÖBB-Aufsichtsr­atschefin. Nun hat FPÖ-Minister Norbert Hofer sie und weitere sechs Aufsichtsr­äte ausgetausc­ht

Newspapers in German

Newspapers from Austria