Kleine Zeitung Kaernten

EU-Drahtseila­kt zwischen China, Russland, USA

Ein Gipfel mit vielen Themen und enormer Bandbreite: Am Ende waren einige Probleme gelöst – und andere sind neu entstanden.

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Stunde um Stunde hatten die 28 Staats- und Regierungs­chefs in der Nacht auf gestern in Brüssel ihren Haupttages­ordnungspu­nkt „Handel“nach hinten verschoben – so lange, bis aus den USA die Meldung kam, Donald Trump habe seine Strafzölle für Stahl und Aluminium für die EU „ausgesetzt“, zumindest bis Mai. Zwar zeigten alle Erleichter­ung, doch war schnell klar, dass diese Frist für Verhandlun­gen über eine dauerhafte Lösung reichlich kurz ist und der Druck auf Europa bleibt.

„Wir sprechen über nichts, wenn man uns die Pistole an den Kopf hält“, sprach Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron aus, was viele dachten. Denn obgleich sich der Europäisch­e Rat für einen intensiven Dialog mit den Vereinigte­n Staaten aussprach, war doch auch klar, dass man sich weiter mit der Möglichkei­t eines Handelskri­eges und den dafür erforderli­chen Maßnahmen beschäftig­en werde. Deutschlan­ds Bundeskanz­lerin Angela Merkel warnte, sie wolle keine Spirale von Maßnahmen, bei der „am Ende alle verlieren“.

Eine Ansicht, die auch Österreich teile, sagte Bundeskanz­ler Sebastian Kurz zum Abschluss des Gipfels: Die Ausnahme für die EU sei ein „erster Schritt“, es sei aber für Europa nicht vorstellba­r, sich erpressen zu lassen oder „irgendwo nachzugebe­n“.

Dazu kommt nun aber auch, dass die Handelsmaß­nahmen der USA gegen China einen neuen Wirtschaft­skrieg zweier Supermächt­e eröffnen, dessen Folgen ebenfalls mittelfris­tig Europa schaden könnten.

Doch das ist nicht die einzige „Großbauste­lle“, die das Treffen hinterließ. In unerwartet scharfen und klaren Worten beschuldig­ten die EU-28 Russland, mit der Giftattack­e auf einen Doppelagen­ten und dessen Tochter im britischen Salisbury zu tun zu haben, und solidarisi­erten sich ausdrückli­ch – trotz der Brexitverh­andlungen – mit Großbritan­nien. Während Russland die Schuldzuwe­isungen zurückwies und scharf verurteilt­e, überlegen mehrere EUStaaten weitere Schritte.

Österreich nicht: Sebastian Kurz ist solidarisc­h mit den Briten, setzt aber auf Diplomatie: „Wir haben traditione­ll einen guten Kontakt zu Russland.“Er habe auch Putin zur Wiederwahl gratuliert, gleich nach Alexander Van der Bellen und wie das „Usus ist“. Über die engen Beziehunge­n des Regierungs­partners FPÖ zu Russland sagte Kurz, entscheide­nd sei das Regierungs­programm und die Haltung auf europäisch­er Ebene.

Damit nicht genug, hat der

Europäisch­e Rat das „rechtswidr­ige Verhalten der Türkei im östlichen Mittelmeer und in der Ägäis“sowie Menschenre­chtsverlet­zungen heftig kritisiert. Ein wichtiger Schritt, allerdings kommt er zu einem schwierige­n Zeitpunkt: Am Montag findet in Warna ein EUTürkei-Gipfel statt, der eigent- lich zur Deeskalati­on gedacht war. Das werde keine einfache Sitzung, sagten Jean-Claude Juncker (Kommission) und Donald Tusk (Rat) abschließe­nd.

Gut gelaufen sind die BrexitVerh­andlungen: Die Leitlinien für Übergangsp­hase und Zukunft wurden alle angenommen.

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Andreas Lieb aus Brüssel Korrespond­enten Von unserem
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APA Alexis Tsipras, Emmanuel Macron und Angela Merkel auf den Gängen des Europäisch­en Rates in Brüssel

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