Kleine Zeitung Kaernten

May in der doppelten Mühle

Der Machtkampf um den Brexit ist nicht vorbei. Die Hardliner sinnen auf Rache. Und die EU lehnt den Plan der Premiermin­isterin in wichtigen Teilen ab.

- Von Peter Nonnenmach­er, London

Der „Brexit-Traum“liege „im Sterben“. Mit diesen Worten hat der britische Außenminis­ter Boris Johnson seinen Rücktritt aus Theresa Mays Regierung begründet. Boris spielt nicht mehr mit.

Für Johnson ist May zu weit gegangen, als sie das Kabinett auf einen „weichen“Brexit einschwor. Dagegen will der ChefBrexit­eer nun außerhalb des Kabinetts Front machen. Zum einen, weil er kalkuliert, dass er den Kampf um einen harten Brexit im Kabinett verloren hat. Zum anderen aber, weil er glaubt, dass er sich für den Fall eines Regierungs­sturzes die Rolle des Rebellenfü­hrers erhalten muss. Mittlerwei­le gilt er den Wettbüros schon als Favorit für die May-Nachfolge bei der Tory-Basis. Viele Briten haben aber kaum Respekt für ihn.

May, von den beiden Rücktritte­n erschütter­t, müht sich, ihre Regierung wieder zu stabilisie­ren. Weitere Abgänge blieben ihr fürs Erste erspart. Für die meisten derer, die „Verrat“ wittern, ist der rechte Zeitpunkt noch nicht gekommen. Aber an der Tory-Basis brodelt es. Der F Aufstand ist nur vertagt. ür viele, die weiter dem Traum radikaler Trennung von „Europa“anhängen, ist Mays Plan, der auf Kompromiss­e mit der EU zielt, kein „echter Brexit“mehr. Mit dem Abgang zweier Brexit-Schwergewi­chte nimmt sich das Kabinett zweifellos pragmatisc­her aus. Selbst der frühere Brexit-Hitzeblitz Michael Gove appelliert an jedermann, „realistisc­h“zu sein.

Tatsächlic­h scheiden sich nun die Wege der Realisten und der Träumer beim Brexit. Unter dem Druck wirtschaft­licher Realitäten und angesichts der knappen Frist bis zum Austritt stellen sich May und der Großteil ihrer Minister auf weitere Kompromiss­e mit Brüssel ein. Im Parlament hat sich schon seit einiger Zeit abgezeichn­et, dass ein harter Brexit nicht zu erzwingen ist. Das wissen alle Abgeordnet­en. Das weiß May.

Mays Plan lässt natürlich viele Fragen offen. Bei der EU wird er in wichtigen Teilen auf Ablehnung stoßen. Aber selbst wenn die EU ihr entgegenko­mmt, bleiben der Premiermin­isterin nur zwei Alternativ­en. Entweder sie baut Brexit-Erwartunge­n im eigenen Land weiter ab. Das mag mehr sein, als ihre Partei verkraften kann. Oder sie riskiert, einen Brexit-Vertrag ins Parlament zu bringen, den die Abgeordnet­en niederstim­men. Darauf lauern sowohl LabourLeut­e, die sich davon Neuwahlen verspreche­n, als auch ihre Brexit-Hardliner, die hoffen, dass dann im Chaos gar kein Deal mit der EU zustande käme. U Mays Lage bleibt prekär. ngewiss ist auch der Ausgang des Brexit-Dramas – bei allem neuen Realismus, der sich in Downing Street abzeichnet. Brexit-Gegner bauen immer mehr darauf, dass es zum Kollaps des Projekts und einem zweiten Referendum kommt. Bezeichnen­d ist, dass Boris Johnson den „BrexitTrau­m“durch Mays Manöver sterben sieht. Wenn nicht eintrifft, was er seinen Landsleute­n vorträumte, will er wenigstens nicht schuld daran sein.

 ?? APA ?? Die britische Premiermin­isterin Theresa May ist schwer angeschlag­en, sie müht sich, ihre Regierung wieder zu stabilisie­ren
APA Die britische Premiermin­isterin Theresa May ist schwer angeschlag­en, sie müht sich, ihre Regierung wieder zu stabilisie­ren

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