Auf den Sport folgt die Kultur
Eine Stadt, weit mehr als nur Sport und Strand: Ioan Holender war in Sotschi unterwegs.
Zuerst die Olympischen Winterspiele 2014. Und in den letzten Wochen sechs Begegnungen bei der am Sonntag im fernen Moskau zu Ende gehenden Fußball-Weltmeisterschaft. Die Schwarzmeerküstenstadt Sotschi hat es sich in den letzten Jahren im Fokus der Weltöffentlichkeit bequem gemacht. Doch nicht die sportlichen Ereignisse oder die einladenden Strandpromenaden mit den vielen Luxusjachten haben es dem 82-jährigen Ioan Holender angetan. Es war das wachsende und dynamische Kultur-
angebot, das den ehemaligen Direktor der Wiener Staatsoper nach Sotschi lockte.
18 Jahre lang, von 1992 bis 2010, leitete Holender, der im rumänischen Temeswar geboren und deutschsprachig aufgewachsenen war, das Haus am Ring. Nach seiner Arbeit als Sänger und Intendant scheute er auch die Arbeit für das Fernsehen nicht. Für seine „Kultour“(Servus TV, 23.25 Uhr) nahm sich der Exzentriker die Stadt Sotschi und insbesondere das einzigartige Kultur- und Festivalzentrum „Sirius“vor.
Die Überlegung hinter dem Projekt: „Sirius“soll für ein Paradebeispiel der Weiternutzung von Olympia-Gebäuden stehen. Dort, wo sich 2014 der olympische Bezirk befand, soll das Kulturzentrum den rund 340.000 Bewohnern der Stadt in der Region Krasnodar kulturelle Gustostücke bieten.
Verantwortlich dafür ist der frühere Chef des Linzer Brucknerhauses, Hans-Joachim Frey. Er leitet das Zentrum und will den Komplex in den nächsten Jahren zu einer Spitzenadresse der Kultur entwickeln. Frey spricht in diesem Zusammenhang von einem geplanten „Salzburg am Schwarzen Meer“. Aktuell wird eine ehemalige Kongresshalle bespielt, bald soll im ehemaligen Olympia-Pressezentrum ein Konzertsaal für 1300 Besucher entstehen.
Dazu gibt es für Holender heute auch musikarchitektonische Schätze wie das Wintertheater mit seinen 970 Sitzplätzen zu entdecken, und er besucht das Bildungszentrum von „Sirius“, wo die 600 talentiertesten Kinder und Jugendlichen unterrichtet werden. Holender schaut bei einer Kompositionsklasse von Igor Rogalev vorbei, der normalerweise in Sankt Petersburg am Konservatorium lehrt.
Wenn man Ioan Holender heißt, darf bei einem Aufenthalt in Sotschi auch ein Besuch im 170 Kilometer entfernten Krasnodar nicht fehlen, wo man sich, wie der Zampano es ausdrückt, mit Österreich und Salzburg eine Nationalheldin teilt: In der 830.000-EinwohnerStadt wurde nämlich im September 1971 die Operndiva Anna Netrebko geboren.