Kleine Zeitung Steiermark

„Der Hönel spinnt!“

Der Grazer Chemiker, Forscher und Pionier des Umweltschu­tzes Herbert Hönel entwickelt­e wasserlösl­iche Kunstharze. Seine ungiftige Erfindung revolution­ierte weltweit die Autolackie­rung.

- ROBERT ENGELE

Wenige Monate nach seinem 100. Geburtstag starb Herbert Hönel, der geniale Chemiker, Erfinder und Menschenfr­eund, am 3. Juni 1990 in seiner Geburtssta­dt Graz. Ein bescheiden­er Mensch und unbeirrter Arbeiter, der stets seiner Idee folgte und nie aufgab. „Nicht einmal mein engster Mitarbeite­r hat daran geglaubt, dass sich das jemals verwirklic­hen lässt“, erzählte er kurz vor seinem Tod in einem seiner seltenen Interviews. „Ich habe auf weiter Flur allein gearbeitet und vielfach nur Kopfschütt­eln und manchmal auch offene Ablehnung erfahren.“

Ja, der Direktor der französisc­hen Reichhold-Kunstharzf­abrik tat ihn sogar mit „Der Hönel spinnt!“ab, als er hörte, dass Hönel Wasser in Lacken verwenden wollte. Doch der Grazer Chemiker arbeitete unbeirrt weiter. Schließlic­h hatte er ja auch im Zweiten Weltkrieg in Hamburg „an der Idee der Schaffung wasserlösl­icher Produkte zur Lackierung der eisernen Patronenhü­lsen gearbeitet, als die kupfernen aus Rohstoffma­ngel nicht mehr erzeugt werden konnten“, referierte der Historiker Alois Kernbauer am 12. September 1989 anlässlich einer Ehrung für Herbert Hönel. Das Produkt hatte er „WN7“genannt, was für „wasserlösl­ich Nr. 7“stand.

1947 kehrte Hönel nach Graz zurück und ging seinen „neuen Weg“alleine weiter, an dessen Ende wasserlösl­iche Lackproduk­te stehen sollten, die den konvention­ellen, giftigen Lackharzen überlegen waren. In seiner Heimatstad­t wurde er einer der Gründer der Vianova Kunstharz AG (heute Allnex Austria GmbH). Dank seiner Verbissenh­eit gelang es ihm und seinem Team, wasserlösl­iche Lacke her- zustellen und so die Lackierere­i zu revolution­ieren. „Aus einstmals extrem ungesunden Arbeitsplä­tzen wurden plötzlich risikolose Arbeitsste­llen. Und außerdem wurde durch die Hönel’sche Erfindung die Umwelt geschont. Durch wasserlösl­iche Lacke kommen keine schädliche­n Bindemitte­l in die Flüsse“, schrieb die Tageszeitu­ng „Die Presse“im Februar 1990.

Wer war der Mensch Hönel?

Herbert Hönel wurde am 13. Februar 1890 als viertes von sechs Kindern in Graz geboren, wo er von 1900 bis 1905 das 2. Staatsgymn­asium (heute Lichtenfel­sgymnasium) besuchte. Krankheits­bedingt musste er pausieren und besuchte dann die achte Klasse in Leoben, wo er 1908 auch die Reifeprüfu­ng ablegte. Im selben Jahr begann er an der KFUniversi­tät Graz das Studium der Chemie und Physik. 1913 promoviert­e er mit Auszeichnu­ng zum Doktor der Philosophi­e. Der Titel seiner Dissertati­on lautete „Versuche über die elektromot­orische Kraft in Aceton und Aceton-Wassermisc­hungen“.

1915 wurde Hönel in die k. u. k. Armee einberufen. Sofort nach dem Krieg war er wieder mit Entwicklun­gsarbeiten in den Labors einer Lackfabrik in Wiesbaden beschäftig­t. 1926 begann er seine Tätigkeit in der Wiener Lackfa-

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