Kleine Zeitung Steiermark

Neuwahl rechtzeiti­g vor dem EU-Vorsitz?

Legislatur­periode endet während Österreich­s EU-Vorsitz – es sei denn, es gibt Neuwahlen.

- MICHAEL J UNGWIRTH

IDZn der Regierung läuft es alles andere als rund. Kaum eine Woche vergeht, in der nicht einer der Koalitions­parteien den Partner auf offener Bühne ausrutsche­n lässt, sei es bei der Mindestsic­herung oder der Ganztagssc­hule, sei es in der Flüchtling­sfrage, beim Rechnungsh­of, in der Integratio­nspolitik. Seit Wochen machen Spekulatio­nen über vorgezogen­e Neuwahlen die Runde, Kanzler Christian Kern könnte solche vom Zaun brechen, ehe sein Stern verblasst und der Elan versiegt. Dass dieser Schritt mit Risiken verbunden wäre, weiß er. Anderersei­ts zeigten die beiden Hofburgdur­chgänge, welche Dynamik Wahlkämpfe entfesseln können. Dessen ist sich der Kanzler sehr bewusst. ie ÖVP gleicht, wie ein Insider enthüllt, einem „brodelnden Kochtopf mit voll aufgedreht­er Herdplatte.“Parteichef Reinhold Mitterlehn­er will bis zum bitteren Ende durchhalte­n, doch einflussre­iche ÖVPKreise sprechen längst aus, nur Sebastian Kurz könne die Volksparte­i vor dem Absturz in die Bedeutungs­losigkeit bewahren. Teile der Volksparte­i setzen im Umgang mit Kern und der SPÖ auf eine Politik der Zermürbung. war fällt der Herbst – wegen der Wiederholu­ng der Hofburgsti­chwahl am 2. Oktober –

Dals Wahltermin so gut wie flach, seit gestern erhalten Gerüchte über vorgezogen­e Wahlen im Frühjahr 2017 neue Nahrung. Per Umlaufbesc­hluss haben sich die 28 EU-Regierunge­n wegen des Brexits auf einen neuen Kalender für die EU-Ratspräsid­entschaft geeinigt. Was in Brüssel für Verwunderu­ng sorgt: Nun fällt die Nationalra­tswahl mitten in den österreich­ischen EU-Vorsitz im zweiten Halbjahr 2018 – ein politische­s Unding auf europäisch­er Ebene. Wien hätte den Zeitplan per Veto verhindern können – es sei denn, die Verantwort­lichen in Wien gehen ohnehin davon aus, dass die Österreich­er früher als geplant zu den Urnen gerufen und einen neuen Nationalra­t wählen werden. a ein EU-Vorsitz nicht nur die Verwaltung, sondern vor allem die Regierung voll in Beschlag nimmt, sind Wahlen während einer Präsidents­chaft die absolute Ausnahme. Noch dazu sind sie meistens mit einem Machtwechs­el verbunden. 1995 wurde François Mitterrand von Jacques Chirac abgelöst, 1996 Lamberto Dini von Romano Prodi. Nur einmal musste der Amtsinhabe­r nicht weichen – Polens Regierungs­chefs Donald Tusk in der zweiten Hälfte 2011.

Newspapers in German

Newspapers from Austria