Kleine Zeitung Steiermark

Worauf will Kern jetzt noch warten?

-

Eine Wundertüte voller Ideen hat Christian Kern geöffnet, als er in der Welser Messehalle dem staunenden Parteivolk seinen „Plan A“vorstellte. Tänzelnd umkreiste er die mit rotem Teppich ausgelegte Arena und rief in eineinhalb­stündiger freier Rede Regierung und Parlament auf, endlich anzupacken und Lösungen umzusetzen.

Also: Was hindert den Bundeskanz­ler, ein Problem anzugehen, das ihn seit seinem Amtsantrit­t vor acht Monaten umtreibt? Auch in Wels stand es ganz oben auf der Agenda, nämlich, dass die internatio­nalen Konzerne, die ihre Steuern verkürzen, endlich einen fairen Beitrag leisten.

Kern wiederholt­e seine schon oft erhobene Anklage, dass Weltkonzer­ne in Österreich für ihre Geschäfte weniger Abgaben zahlen als jede kleine Würstelbud­e.

Diesmal legte er die Beschwerde einer Grazer Kaffeehaus­besitzerin namens Erika in den Mund, die brav ihre Steuern abliefert, was sie hingegen bei einer nur drei Häuserbloc­ks weiter angesiedel­ten amerikanis­chen Kaffeekett­e bezweifelt. Im „Plan A“wird die Bestätigun­g nachgereic­ht: Starbucks habe 2014 bei uns lächerlich­e 814 Euro ans Finanzamt überwiesen.

„Was hindert den Kanzler, ein Problem anzugehen, das ihn seit Amtsantrit­t vor acht Monaten umtreibt?“

GNicht besser verhalten sich andere Multis, setzte der Kanzler fort. Apple liefere von seinen Milliarden­gewinnen in Europa unscheinba­re 0,005 Prozent an Steuern ab, Google und Facebook entziehen sich der hierzuland­e üblichen Werbeabgab­e, Amazon verkaufe zwar immer mehr Waren aller Art, hat aber in Österreich keine Betriebsst­ätte ...

Man dürfe, schloss Kern, mit Gegenmaßna­hmen nicht auf den Sankt-nimmerlein­s-tag warten oder sich auf die EU oder die Globalisie­rung ausreden. Österreich habe selbst viele Hebel in der Hand und müsse seine Spielräume ausschöpfe­n. Eine halbe Milliarde Euro sei für den Fiskus zu holen, wenn er strengere Betriebspr­üfungen durchführe, die Umsatzsteu­er auf Online-handel eintreibe und eine Strafsteue­r für verschoben­e Gewinne verhänge. enug geredet, wir wollen Taten sehen. Sonst bleibt auch „Plan A“bloß eine Sammlung schöner Versprechu­ngen. Erwin Zankel war Chefredakt­eur der Kleinen Zeitung

Newspapers in German

Newspapers from Austria