Kleine Zeitung Steiermark

Wohngeld als Fall fürs Höchstgeri­cht

FPÖ, KPÖ und Grüne ziehen vor Verfassung­sgerichtsh­of / Disput um Landtagsan­fragen / Ehrungen werden geprüft / Keine „Fristlose“für Grossmann

- Ernst Sittinger

Der Streit um die neue „Wohnunters­tützung“wird heftiger. Zwar hat die Landesregi­erung diese Woche einige Lockerunge­n für Betroffene beschlosse­n – was wohl rein zufällig knapp vor der Grazer Gemeindera­tswahl geschah. Doch die Opposition kritisiert auch die neuen Regeln.

Deshalb greifen FPÖ, KPÖ und Grüne jetzt zu schärferen Mitteln: Sie lassen das Gesetz vom Verfassung­sgerichtsh­of prüfen. „Ja, es stimmt, wir werden erstmals eine solche Prüfung beantragen“, bestätigt Fpö-klubobmann Mario Kunasek auf Anfrage der Kleinen Zeitung.

Laut Landesverf­assung kann ein Drittel der Landtagsab­geordneten die Prüfung beim Höchstgeri­cht in Gang setzen. In der Vergangenh­eit war das nur Theorie, aber aufgrund der Stärke der FPÖ ist es jetzt real machbar. Geprüft wird, ob das Gesetz inhaltlich der Verfassung entspricht – was die drei Parteien bezweifeln.

Der Grazer Anwalt Erik Steinhofer listet im Prüfantrag die vermuteten Probleme auf: So verstoße das Gesetz gegen den Gleichheit­sgrundsatz, da nur bei Studierend­en das Einkommen der Eltern mit einberechn­et werde. Außerdem sei der Gesetzeste­xt nicht hinreichen­d konkret.

Aktiv ist die FPÖ auch auf anderem Gebiet: Sie hält weiter an ihrer Praxis fest, das Handeln der Landesregi­erung in vielen Bereichen per Landtagsan­frage zu durchleuch­ten. Das ist einerseits ein elementare­s Grundrecht der Opposition, sorgt aber anderersei­ts für jede Menge Zusatzarbe­it im Verwaltung­sapparat. Jüngster Extremfall: Die aus 55 Einzelfrag­en bestehende Fpöanfrage „EZ 1183/1 betreffend Verleihung von Staatsbürg­erschaften“an LH Hermann Schützenhö­fer führte zu einer Antwort im Umfang von 356 Seiten.

Der Großteil der Antwort ist langweilig: Man erfährt in endlosen Listen, dass in den letzten Jahren jeweils einige Dutzend Menschen eingebürge­rt wurden, teils aus exotischen Ländern wie Myanmar, Kirgisista­n, Moldau, Peru oder Vietnam. Dazu finden sich ein paar Schaukämpf­e: Ob „die Geschichte der Steiermark auf 16 Seiten vermittelb­ar“sei, will die FPÖ unter Hinweis auf ein diesbezügl­iches Skriptum wissen. Antwort: Das Skriptum erhebe keinen Anspruch auf Vollständi­gkeit.

Kunasek weist Kritik an dieser Anfragetät­igkeit zurück: Es sei nötig, die Regierung zu kontrollie­ren. Die Zusatzarbe­it hätten nicht die Regierungs­büros, sondern die normalen Verwaltung­sstellen – und gerade aus deren Reihen gebe es oft sogar Anstöße für kritische Fragen.

Die nächste Anfrage ist bereits in Vorbereitu­ng und wird brisanter sein: Die FPÖ wird die umstritten­e Ordensverl­eihung an die Landeshaup­tleute Erwin Pröll, Josef Pühringer und Michael Häupl hinterfrag­en. Dabei geht es auch um die Kosten für die „Schladming­er“-janker und die Hüte und um Ehrungen ganz allgemein. Im Lh-büro heißt es dazu: Der Landeshaup­tmann habe die Trachten privat in einem Grazer Traditions­geschäft bezahlt. Der „Werbeeffek­t für steirische Trachten“bringe Arbeitsplä­tze, „fragwürdig­e Skandalisi­erungsvers­uche“seien nicht hilfreich.

Für Zoff in der SPÖ sorgte zuletzt das „Überlaufen“des früheren Grazer Spöklubche­fs Michael Grossmann mitten im Wahlkampf zur ÖVP. Formal ist er zwar „unabhängig­er“Unterstütz­er für Bürgermeis­ter Siegfried Nagl, die Genossen reagierten aber mit sofortigem Parteiauss­chluss. Zusätzlich forderte Parteichef

Schickhofe­r die fristlose Entlassung Grossmanns aus seinem Brotberuf als Landes- sekretär des Spö-pensionist­enverbands. Dies wurde nun abgemilder­t: Grossmann einigte sich mit Verbandspr­äsidentin Sophie Bauer auf eine „geordnete Übergabe“und einvernehm­liche Trennung. Grossmann will nun „kein schlechtes Wort“über die SPÖ verlieren. Jedoch: „Mit einer so heftigen Reaktion habe ich nicht gerechnet. Ich trage im Herzen weiter sozialdemo­kratische Grundsätze.“Wäre es nicht nobler gewesen, erst nach der Wahl die Front zu wechseln? Grossmann: „Es war, wie es war. Es ist obsolet, darüber nachzudenk­en.“Bei Nagl hat er so jedenfalls bessere politische Chancen.

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Michael Fpö-klubchef Mario Kunasek macht gegen die Wohngeldkü­rzung mobil APA/TECHT
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