Kleine Zeitung Steiermark

Das Ende einer Herrschaft

Ein Us-konzern hat die Formel 1 übernommen. Die Ära Ecclestone ist beendet.

- Von Gerhard Hofstädter

REPORT.

Herrsche und teile! Die Devise von Bernard Charles Ecclestone, der 40 Jahre, bis vergangene­n Montag, die Formel 1 lenkte. Als er 1971 den Brabham-rennstall kaufte, stieg er so richtig ins Geschäft ein. Er war als Teamchef stets schlau genug, seine Amtskolleg­en nicht als Feinde zu sehen. Wohl als Gegner auf der Rennstreck­e, aber als Gefährten, wenn es darum ging, den Stellenwer­t der Formel 1 zu heben.

Es war 1978, die Zeit der Ground-effect-autos. Als die beiden schwarz-goldenen Lotus von Mario Andretti und Ronnie Peterson der Konkurrenz keine Chance ließen. Die Autos waren ausgerüste­t mit negativen Flügelprof­ilen und mit bis zum Boden reichenden Schürzen, der Abtrieb war phänomenal. Gordon Murray, damals der Technikche­f bei Brabham, installier­te einen riesigen Propeller am Heck des Brabham BT46. Offiziell diente dieser der Kühlung, inoffiziel­l saugte er vom Boden die Luft ab, das Auto klebte auf der Fahrbahn. Niki Lauda gewann das einzige Rennen (Anderstorp/ Schweden) mit dem Staubsauge­r, die Konkurrenz schrie auf. Ecclestone zog die Autos zurück. Vertrauen war ihm wichtiger als der Erfolg. Und seinem enttäuscht­en Designer erklärte er: „In zwei, drei Rennen hätte jeder so ein Auto gehabt.“

Die so erworbene Rückendeck­ung nutzte er in den 80erjahren aus, im Feldzug gegen

Udie Autokonzer­ne in der ersten Turboära. Im Duell gegen den damaligen Fia-präsidente­n Jean-marie Balestre, einen herrschsüc­htigen Franzosen. Die Gefahr einer zweigeteil­ten Formel 1 war eklatant, auf der einen Seite der Weltverban­d mit den Werken Renault, Ferrari, Alfa Romeo und Talbot, auf der anderen die englischen Separatist­en.

Es wurde Frieden geschlosse­n und die Formel 1 lief zur Höchstform auf. Der Sport florierte, die Tv-zahlen schossen durch die Decke. Die Tribünen waren übervoll. Ecclestone bekam die Tv-rechte und sie spielten Ende der 90er-jahre 5,5 Milliarden Pfund ein. nd ab diesem Zeitpunkt begehrten die Teams einen höheren Anteil am Gesamtkuch­en, ein Konflikt, der bis heute andauert. Immer wieder mogelte sich Ecclestone an allen Hinderniss­en vorbei, er kaufte sich sogar von der Bestechung­sanklage für 100 Millionen Dollar frei. Ihm wurde zur Last gelegt, den damaligen Vorsitzend­en der Bayerische­n Landesbank gekauft zu haben, damit dieser die Rechte an die Ecclestone genehme Investment­firma CVC verhökert.

Ab 2003 war Ecclestone nur mehr Angestellt­er, für kolportier­te 83 Millionen Dollar Jahresgeha­lt. Es ging längst nur mehr um die bestmöglic­he Geldvermeh­rung. Und Mr. E., wie ihn seine Entourage nennt, presste alle möglichen Geld- Selbst die Formel-1app ist kein großes Geschäft. Das sind Peanuts. Man müsste schon Milliarden Abos mehr verkaufen, damit sich das rechnet. Bernie Ecclestone über sein Verhältnis zur digitalen Welt. quellen aus wie eine Zitrone. Nicht immer im Sinne des Sports. Viele Veranstalt­er und Teams wurden in den Ruin getrieben. „Wer sich die Formel 1 nicht leisten kann, der hat hier auch nichts verloren“, war das Credo des Formel-1-paten. Klassische Rennstreck­en (auch der Österreich­ring) warfen das Handtuch, bekamen dann wieder Sonderraba­tte. Dafür verlangte Ecclestone woanders das Doppelte. Er kooperiert­e mit zweifelhaf­ten Regierunge­n, gefahren wird, wo das Geld auf der Straße liegt (Arabien) oder wo Machthaber fürs Image bezahlen (Aserbaidsc­han).

Sie alle standen immer Schlange vor dem dunkelgrau­en Motorhome mit den abgedunkel­ten Scheiben, die jeden Blick in die Machtzentr­ale verwehrten, von innen aber den besten Ausblick boten auf wichtige Passanten auf dem mit Grünpflanz­en geschmückt­en Vorplatz. Die Kuh Formel 1, die Cash Cow des Motorsport­s, schien in den letzten Jahren zusehends gemolken. Der Fan hatte der großen Show immer mehr den Rücken zugekehrt. ie Diktatur des Systems Bernie Ecclestone wurde jetzt beendet. Mit der Anteils- und Machtübern­ahme eines Usamerikan­ischen Medien-konglomera­ts namens Liberty Media. Ob die Demission des kleinen Briten gut für die Formel 1 oder das Ansehen des gesamten Sports

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