Kleine Zeitung Steiermark

„Mann ist ja auch ein großer Komiker“

- Von Ute Baumhackl

Das Sanatorium als Abbild der Gesellscha­ft: Regisseur Alexander Eisenach adaptiert Thomas Manns „Zauberberg“für die Bühne des Grazer Schauspiel­hauses.

Das Vorhaben ist abenteuerl­ich: Thomas Manns „Der Zauberberg“auf die Bühne zu bringen. Alexander Eisenach wagt es. Der Berliner Regisseur, der vor zwei Jahren Clemens Setz’ „Frequenzen“für das Grazer Schauspiel­haus adaptiert hat, zeigt ab heute seine Version des monumental­en Bildungsro­mans um den jungen Hans Castorp, der vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs sieben Jahre in einer Schweizer Lungenheil­anstalt verbringt.

Wie packt man einen 1000Seiten-roman in einen Abend? ALEXANDER EISENACH: Man sucht sich Passagen und Situatione­n, die einen inhaltlich interessie­ren, und forscht anderersei­ts intuitiv nach der Stimmung des Romans.

Und das lässt sich in, sagen wir, zweieinhal­b Stunden zeigen?

Es werden wohl eher dreieinhal­b. Gerade beim „Zauberberg“geht es Thomas Mann ja auch um das Exzessive, Verschling­ende, Überborden­de. Da ist es notwendig, dass man durch gewisse Zustände durchgeht, um die Idee von „Ich versacke sieben Jahre in einem Sanatorium“erlebbar zu machen.

Welche Motive, Stimmungen, haben Sie speziell interessie­rt? Etwa die Beziehung zwischen Hans Castorp und Madame Chauchat – die Parodie einer klassische­n Liebesgesc­hichte. Dass Castorp von zwei Lehrern unterricht­et wird. Das Motiv der Krankheit. Dann gibt es auch prägnant heitere Situatione­n. Mann ist ja auch ein großer Komiker, überall in seinem Werk sind die Figuren ironisch sehr überzeichn­et. Und natürlich sind Situatione­n und Motive wie Hans Castorps Durchleuch­tung, die Walpurgisn­acht, die erste Begegnung mit Madame Chauchat fürs Theater griffiger und prägnanter als etwa 50-seitige Überlegung­en über das Sonnensyst­em.

Gibt’s ein Generalthe­ma?

Im „Zauberberg“zeigt sich eine stagnieren­de, sehr auf sich selbst fokussiere­nde Gesellscha­ft, die vom Krieg überrascht wird. Der Erste Weltkrieg kommt wie ein großer Donnerschl­ag. Das finde ich interessan­t, weil es sinnbildli­ch für unsere Zeit stehen kann.

Inwiefern denn?

In unserem sich abschotten­den Europa ist es ja auch wie in einem Sanatorium. Man glaubt, das Leben zu bewältigen, indem man Yoga macht und sich gesund ernährt. Die Krisenherd­e bleiben draußen – nur brechen die zunehmend über uns herein, während wir das so gut wie

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